Alex Dreppec (*1968)
- Lyriker aus Darmstadt
- Alex Dreppec wurde in Jungenheim geboren. Er studierte Psychologie in Darmstadt und Frankfurt am Main. Er promovierte mit einer Arbeit zum Thema »Verstehen und Verständlichkeit wissenschaftlicher Texte« (unter seinem bürgerlichen Namen Alexander Deppert). Seit 2000 nimmt Dreppec an Poetry Slams teil und ist seit 2002 Moderator der Darmstädter Dichterschlacht. 2004 wurde er mit dem Wilhelm-Busch-Preis ausgezeichnet.
Dreppec veröffentlichte Lyrik, Essays und Kurzprosa in zahlreichen Anthologien (u. a. 2008 in »Der Große Conrady. Das Buch deutscher Gedichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart«, »Hell und Schnell«) und Zeitschriften (u. a. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Wandler, Der Literat, Das Gedicht, Mein heimliches Auge, Freiberger Lesehefte). Er gilt als der Erfinder des Science Slam, der Ende 2006 in Darmstadt erstmals stattfand und eine Verbindung von Slam Poesie mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Forschungsergebnissen darstellt.Zu seinen letzten Veröffentlichungen zählen »Die Doppelmoral des devoten Despoten. Stabreimgedichte von A-Z« (Eremiten-Presse, Düsseldorf, 2003), die Herausgabe von »Dichterschlacht : Schwarz auf weiß« (Ariel Verlag, Riedstadt, 2003) sowie die Audio CD »Metakekse« (Ariel Verlag, Riedstadt, 2006).
In loser Folge stellt Franziska Röchter für dasgedichtblog die Teilnehmer des »Internationalen Gipfeltreffens der Poesie« am 23.10.2012 in München vor. Sie bat Gipfelteilnehmer Alex Dreppec zu einer kleinen ›Dichterschlacht‹. In ihrem Interview in Versen geht es um das Erklimmen poetischer Höhen, um die Bedeutung von Gedichten und um Alex Dreppecs Zukunft.
herr dreppec, ist’s nicht reichlich deppert,
dass mancher geiz-ist-geil-poet
sich vers für vers zusammenläppert,
bis andern jedes wort vergeht,
dabei noch porzellan zerscheppert,
um dichterhöhen zu erklimmen,
die andere schon längst erklommen?
da kann doch irgendwas nicht stimmen!
muss jeder denn zum gipfel kommen?
statt klettern kann man doch auch schwimmen!
Schlimmer ist’s, geschieht dergleichen,
wenn die Massen johlend toben
und sogleich die Dichterleichen
denken: »Jetzt bin ich ganz oben.«
Beim Sonnen auf der Himmelsleiter,
die doch stets aus Pappe ist,
entwickelt sich kaum jemand weiter
und bietet Massen Massenmist.
Ich red’ nicht bloß von flachen Witzen.
Ich mein’ auch den, der Verse baut,
in denen Kitsch und Schwulst aufblitzen
wie sich’s kein Schlagerfutzi traut.
herr d… äh dreppec, darf ich’s wagen,
zum zwecke der annäherung
von slampoet zu lyrik-slammer
zu ihn’ als individuum
ab jetzt in allen dichterfragen
ausschließlich alex d. zu sagen?
denn nicht das schweigen dichter lämmer
dient poesies vervollkommnung
(ja! dichterurnen blieben stumm!)
sondern der schlagabtausch der denker!
sind sie die wahren richtungslenker?
jetzt frag ich dich, den psychologen:
sind dichten, reimen alltagsdrogen?
Sie sind es und sie sind es nicht.
Denn ohne Zweifel hilft’s dabei,
ist man zuvor schon etwas dicht.
Was ist nun Henne, was ist Ei?
Als Droge wär’n sie körpereigen.
Was zwar den Kater etwas lindert,
kann doch so manchen Tag vergeigen,
denn der Entzug wird nicht vermindert.
ich hatte wichtiges verkannt!
hatt’ in dem glauben mich verrannt,
ein dichter sei hauptsächlich offen?
wahrscheinlich war ich da besoffen!
wie dem auch sei, was wir auch dachten:
was machen denn die dichterschlachten?
Das ist nicht schön und war bereits
so öffentlich wie’s nötig schien.
Ich sehe heute mehr den Reiz
darin, was Neues großzuzieh’n
und will auf bisher unbemalten Flächen
mit Freunden, die gern mit mir lachen,
vielleicht alte Rekorde brechen,
Altes erneuern, Neues machen.
jetzt schürst du aber, leidlich-öde ›zierde‹,
die typisch weiblich-blöde wissbegierde.
was neues? sag! wirst du in deutschen zimmern
als prof-poet bald übern bildschirm flimmern?
nimmt bald die lehre deiner doktorwürde
per einschaltquote eine bildungs-hürde?
Nein, vorerst will ich beispielsweise
wenn’s geht in Darmstadt aus ansonsten eher leise
forschenden und schaffenden Uni-Fachbereichen
Fanblocks machen, die auf der Bühne ihresgleichen
stützen bei ‘nem Science Slam, der, größer als zuvor,
Jubel schafft wie dieser Tage nur ein Gomez-Tor.
ah so! studenten, ehmals bieder,
solln als claqueure in den ring,
als cheering crowd, opinion leader?
manch einer so schon feuer fing.
jetzt wüsst ich gern noch dies, zum schluss:
was mancher mensch – trotz leidenschaft –
für eigenschaften haben muss,
damit’s nicht sein entkleiden schafft,
die poesie ganz zu vernichten?
welch kniffe muss er da verrichten?
Welch große Frage für ne kleine
Schulter wie die meine.
Geschmack entwickeln, Urlaub buchen
und die eig’ne Stimme suchen?
oh je, mein flieger ist gleich weg!
alex, hab dank für diesen gag!
Alex Dreppec performt seine Ballade „Die Doppelmoral des devoten Despoten”