»Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie«: eine fortlaufende Online-Anthologie, zusammengestellt von Jan-Eike Hornauer
Fitzgerald Kusz
gfundn
am 28.08. geschrieben
dä goethe is ä weng
im wald rumgloffm
gsouchd houdä nix
vuäghabd houdä nix
dou houdä aff amall
hindä emm baam
ä blimmlä gsäing
des houdä ausgroom
im gaddn hinderm haus
houders eibflanzd
dou bläihds jedes joä
ganz allaans fiä ihn!
© Fitzgerald Kusz, Nürnberg
+ Das Original
Von Goethes Geburtstag hat sich Fitzgerald Kusz gestern inspirieren lassen – wie passend, dass heute wieder turnusmäßig »Gedichte mit Tradition«-Tag ist, da bringe ich diesen Geburtstagsgruß durch die Jahrhunderte freilich gleich sehr gerne. Und Goethe selbst würde er wohl auch deshalb gefallen haben, da er selbst ja Hessisch, genauer Frankfurterisch sprach, er hatte also durchaus einen Bezug zur Mundart, und noch dazu ist das Fränkische ja nun so weit entfernt von Goethes Muttersprache auch nicht. Wie schön überdies, dass dieser Geburtstags- auch ein Blumengruß ist! Nachfolgend das Original, verfasst vom ewigen deutschen Dichterfürsten, geboren am 28. August 1749 in Frankfurt am Main:
Johann Wolfgang von Goethe
Gefunden
Ich ging im Walde
So vor mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümlein stehn,
Wie Sterne blinkend,
Wie Äuglein schön.
Ich wollt es brechen,
Da sagt’ es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?
Mit allen Wurzeln
Hob ich es aus,
Und trugs zum Garten
Am hübschen Haus.
Ich pflanzt es wieder
Am kühlen Ort;
Nun zweigt und blüht es
Mir immer fort.
+ Zum Autor
Fitzgerald Kusz wurde 1944 in Nürnberg geboren, wo er auch heute lebt. Nach dem Studium der Anglistik und Germanistik war er zunächst zehn Jahre lang Lehrer im Hauptberuf, schrieb aber schon durchgehend; seit 1982 ist Kusz freischaffender Schriftsteller. Zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz am Bande (1992) sowie zuletzt der August-Graf-von-Platen-Literaturpreis (2011), die Karl-Bröger-Medaille (2016) sowie der Bayerische Dialektpreis und der Bayerische Poetentaler (beide 2017).
Sein bekanntestes Werk ist »Schweig, Bub!«: Das 1976 am Staatstheater Nürnberg uraufgeführte fränkische Stück wurde bislang mehr als 700-mal gespielt, ist in zahlreiche andere deutsche Dialekte übertragen sowie in mehreren Hörspielfassungen aufgenommen. Daneben 22 weitere Theaterstücke, u. a. »Der fränkische Jedermann« (2001), sowie 15 Gedichtbände. Der Mundartdichter hat, schon lange bevor dies en vogue war, auch seine Lyrik im Heimatdialekt abgefasst – und damit bundesweit Anerkennung gefunden.
Zuletzt von Kusz erschienen sind die Haiku-Bände »Guuder Moond« und »Schdernla« (beide: ars vivendi 2015) sowie die Lyrik-Titel »Nämberch-Blues« und »Sunnablumma« (ars vivendi 2017 bzw. 2021).
www.Kusz.de
»Gedichte mit Tradition« im Archiv
Zu dieser Reihe: »Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie« ist eine Online-Sammlung zeitgenössischer Poeme, die zentral auf ein bedeutendes Werk referieren, ob nun ernsthaft oder humoristisch, sich verbeugend oder kritisch. Jeden zweiten Freitag erscheint eine neue Folge der von Jan-Eike Hornauer herausgegebenen Open-End-Anthologie. Alle bereits geposteten Folgen finden Sie hier.
Ich finde das grossartig – und lustig. Vielen Dank.