Versheimat – Folge 38: »Als ich meinen Dialekt verlor«

Die begleitende Netz-Anthologie zu DAS GEDICHT 24,
zusammengestellt und ediert von Fitzgerald Kusz und Anton G. Leitner

 

Harald Dern

Als ich meinen Dialekt verlor

Das war noch ein Datt
zuhause dahämm,
eine Kirche von einer Kirsche
nicht zu unterscheiden,
ob man es hinkrächte
war Konjunktiv genug.
Die Vokale in die Länge gedehnt
dazu das Kinn nach vorne sich schob,
der Blick auch starr
bei Auslauten, die knackten
als träfe im Wald man auf altes Geäst.

Heute spricht man dezidiert
trägt Gelehrtes vor, überzeugt
mit Wortzwingen, dauergekühlt,
der Einsatz von Hitze dosiert
und in das Brandungsgrollen
perfekter Verlaufsformen eingepasst,
dazu Humorversatzstücke –
ein spitzbübisches Grinsen,
das vorgetäuscht ist, unterhaltsam
wie ein Altbauwohnungen,
in die man sich flüchtet vor
der Vorstadtsiedlung
überteuert
der Trittschall ungedämpft.
 

© Harald Dern, geboren 1961, lebt in Wiesbaden.

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»DAS GEDICHT 24: Der Heimat auf den Versen«,
herausgegeben von Anton G. Leitner und Fitzgerald Kusz

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