Religion und Lyrik – Folge 72: »mainroad salem, new york«

Die begleitende Netz-Anthologie zu DAS GEDICHT 25,
zusammengestellt und ediert von Anton G. Leitner und José F. A. Oliver

 

Jürgen Weing

mainroad salem, new york

nacht legt sich über salem, der baum an der mainroad wartet
und betet ein vaterunser, 63 worte lang, eigentlich ist er
unterwegs, aber nun hat er zeit, er nimmt sich die zeit, sagt er,
er will erstmal hier bleiben und abwarten, warten auf was,
frage ich, man muß gott auch zeit lassen, sagt er, ein auto
kommt und parkt auf der anderen straßenseite, eine frau
telefoniert, ich rauche zu ende, sie sagt: ich komme nicht nach
hause, nein, heute nicht und morgen nicht, ihre stimme ist laut
und ohne süßigkeiten, sich festmachen, sage ich zu den
schaufensterscheiben, amen flüstern sie zurück.
 

© Jürgen Weing, geboren 1961, lebt in Kißlegg.
 

»Religion & Lyrik« im Archiv

DAS GEDICHT 25: Religion im Gedicht

Den Kernbestand neuer zeitgenössischer Lyrik rund um den Glauben versammelt
»DAS GEDICHT 25: Religion im Gedicht«,
herausgegeben von Anton G. Leitner und José F. A. Oliver

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