von Imre Török
Schon ein lyrischer Tropfen höhlt den Stein der Barbarei. Lyrik und Poesie boten zu allen Zeiten literarisches Lebenselixier. Erbauend, bezaubernd, widerspenstig. Wissen wir, ob jemals ein Gedicht Gewalt hat verhindern können? Fehlte jedoch nur eines, das je rezitiert oder im Stillen gelesen wurde, das von Liebe zur Natur, zur Sprache, zum Menschsein kündet, es würde uns viel fehlen.
Das älteste deutschsprachige Gedicht, der 1. Merseburger Zauberspruch, erzählt von wehrhaften Frauen: »Eiris sâzun idisi, sâzun hêra duoder. / suma hapt heptidun, suma heri lezidun.« Seit der Niederschrift der Zaubersprüche Ende des 1. Jahrtausends und nach Abertausenden von Strophen, die ihnen folgten, mussten wir lernen, dass die Barbarei kein Ende nahm und dass nach Auschwitz … Dennoch! Gedichte vermögen auch heute noch, uns »Mut gegen Unrecht und Kriege« zu schenken, wie es Arzu Alır, die kurdische Lyrikerin in der Türkei, formulierte.
Dieser Gedanke trägt auch das Projekt »WORTE gegen RECHTS« des Verbands deutscher Schriftsteller (VS), das sich 2012 mit zeitgenössischen Gedichten gegen Rassismus und Fremdenhass an die Öffentlichkeit wendet.