Lockdown-Lyrik 2.0 / 045: »Vorweihnachtszeit im Singlehaushalt 2020« von Jan-Eike Hornauer

»Lockdown-Lyrik 2.0! Quarantäne poetisch ausleuchten – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns weiterhin die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der nun von Sabine Schiffner, Anton G. Leitner, Alex Dreppec und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie (Dank an Jan-Eike Hornauer für die Mitherausgeberschaft bei Folge 1-154).

 

Jan-Eike Hornauer

Vorweihnachtszeit im Singlehaushalt 2020
oder: mit Traditionspflege gegen den Lockdown-Kater – ein Monolog

Der Glühweintopf steht auf dem Herd,
die -tasse in der Mikrowelle.
So hat man Vorrat (nie verkehrt!)
sowie auch gleich was auf die Schnelle.

Das ist durchdacht, das ist erprobt,
das mach’ ich so seit vielen Tagen.
Und trotzdem merk’ ich, wie was tobt,
was rebelliert in Hirn und Magen.

Ja, nein, das ist doch nicht gesund:
sich stets alleine hinzurichten.
Die stade Zeit heißt doch im Grund’,
sich hübsch gemeinsam zu vernichten.

Wie sonst im Kalten bibbernd heiß
die Tassen klirrten, Ströme flossen …
Wie schön war das! (Bis auf den Preis.)
Ihr fehlt mir, Freunde, Trinkgenossen!

In stiller Andacht will ich nun
dies Tässchen und den Topf dann leeren,
und dabei gar nichts andres tun,
als euch und mich und uns zu ehren.

Für uns, da halt’ ich Weihnachtsmarkt,
ich trinke uns in bessre Zeiten.
Es gilt, vom Lockdown echt geplagt,
in sie (mit Tränen!) reinzugleiten …

 

© 2020 Jan-Eike Hornauer, München
(Redaktion: Anton G. Leitner)

 

 

Lockdown Lyrik 2.0. Wir hatten gehofft, dass es zu keinem zweiten Lockdown mehr kommen würde. Aber jetzt ist er angeordnet, der sog. »Wellenbrecher-Lockdown«. Er beginnt in Deutschland ab Montag, den 2. November 2020 – mit der Aussicht auf triste Herbst- und Wintertage. Grund genug für die Redaktion der Jahresschrift DAS GEDICHT, ihre vieldiskutierte Netz-Anthologie zur Corona-Krise vom Frühjahr 2020 wieder hochzufahren. Möge diese Online-Sammlung zur Pandemie uns allen einmal mehr dabei helfen, tief Luft zu holen und möglichst viele Aspekte der weltweiten Katastrophe mit dem Instrumentarium der Lyrik auszuleuchten, damit wir und unsere Leserinnen und Leser mental nicht unter die zweite Welle geraten!

Sabine Schiffner, Alex Dreppec, Fritz Deppert und Anton G. Leitner
 
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.

 

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