Das Lyrikprojekt zur Lutherdekade im Themenjahr 2015
in Kooperation mit Anton G. Leitner | DAS GEDICHT
Gerold Sedlmayr
Bewegter Beweger
Am Morgen stets: in meinem Garten
zwei Maulwurfshügel oder drei,
wie aus dem Nichts.
Unter uns ist eine eigene Welt,
sie ist nicht sichtbar, doch geschäftig.
Es bewegt sich Erde, Erde wird bewegt.
Die Hügel trag ich ab, umsonst,
und wundere mich:
Was ist das für ein Egoist da unten?
Die Symmetrie des Rasens ist dahin.
Gradlinigkeit schert ihn wohl nicht,
den Erdenwerfer, und meine wohl gleich mehrmals nicht.
Hügel, Mulden, Stolperfallen,
eine Landschaft, die sich ständig formt.
Derweil bin ich der Former doch, der Schöpfer meines Gartens, oder?
Die Hügel trag ich ab, umsonst,
und wundere mich dabei
über die eigene Trägheit.
Wir merken doch noch nicht einmal,
wie sich die Erde dreht,
sie uns durchs Weltall schleudert.
© Gerold Sedlmayr, geboren 1973 in Passau, lebt in Kamen.