Die begleitende Netz-Anthologie zu DAS GEDICHT 23,
zusammengestellt und ediert von Kerstin Hensel und Anton G. Leitner
Christophe Fricker
Having a Ball
Ich sitze auf der Galerie nach Mitternacht
und sehe sie unten unseren Abend tanzen.
Andere an den Tischen, schon längst schüchtern die schlanken
Sektgläser verrückend, stehen im Verdacht,
sich zwischen mythischen Mosaiken und Stücken
für brilliante Solisten bald ins Leben zu verdrücken.
Ich sitze hier oben mit Bier bis tief ins Morgengrauen,
ungerührt, um ihnen hinterrücks nachzuschauen.
Bis zur Schicklichkeit entstellt, blinzle ich schwächlich.
Diese Juristen haben sich selbst eingeladen.
Da verziehst du dich zu mir auf die Galerie.
Sie feiern ihr Neujahr, bis die Handgelenke
einen guten Rutsch vollführen,
perlenbesetztes Lächeln einen Aufbruch einläutet.
Das gepardenfarbene Parkett
ist rotweinfleckig. Die Damen hatten
dick aufgetragen, jetzt wird ihr Gebieder
schlierig von Lippen der gesetzten Unverfrorenen.
Wir kehren von unserer Galerie
in den gelichteten Saal zurück.
Mit Rotweinglas und dir bliebe ich viel lieber
dort oben, als pelzgesäumtem
Augenklimpern zu gefallen, das mich kokett,
und schwarzgefärbtem Haar, zur Trägheit einlädt,
als könnte Unverständnis mich verführen.
Auch sie Juristin, hat sie mich nun eingeladen.
Ich aber gehe, mit Blick zurück auf die Galerie.
© Christophe Fricker, geboren 1978 in Wiesbaden, lebt in Bristol (England).
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