Gedichte mit Tradition, Folge 262: »Mein Mops ist an der Liebeslust erstickt« von Gabriele Trinckler

»Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie«: eine fortlaufende Online-Anthologie, zusammengestellt von Jan-Eike Hornauer

 

Lesetipp: Das Sonett »Mein Mops ist an der Liebeslust erstickt« von Gabriele Trinckler antwortet unmittelbar auf seine historische Vorlage, nämlich »Ist Lieben keusch?« der Barockdichterin Sybilla Schwarz. Es empfiehlt sich hier also sehr, zuerst das Original zu lesen (enthalten im Klappkasten »Das Original«).


Gabriele Trinckler


Mein Mops ist an der Liebeslust erstickt,
die ich ihm heute hinwarf, wie empfohlen.
Ein Wuff, und schon kam ihn der Teufel holen.
O Hund, ich hab’ dich in den Tod geschickt.

Wie mein Gewissen mich jetzt beißt und zwickt.
Im Rippenraum hör’ ich Dämonen johlen.
Verdammt, der Köter hat mein Herz gestohlen.
Die Leere gähnt, nichts klopft, nichts pocht, nichts tickt.

Ja, schwörten mir heut’ tausend Pekinesen
die Treue: Nein! Das ist’s für mich gewesen.
Wer hebt denn noch für mich am Baum sein Bein?

Dies Hundeleben ist halt nichts für Prüde,
voll Dreck und Zecken wie ein alter Rüde.
Die blöde Liebe kann schon lausig sein.


© Gabriele Trinckler, München

 

+ Das Original

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Gedichte mit Tradition»Gedichte mit Tradition« im Archiv

Zu dieser Reihe: »Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie« ist eine Online-Sammlung zeitgenössischer Poeme, die zentral auf ein bedeutendes Werk referieren, ob nun ernsthaft oder humoristisch, sich verbeugend oder kritisch. Jeden zweiten Freitag erscheint eine neue Folge der von Jan-Eike Hornauer herausgegebenen Open-End-Anthologie. Alle bereits geposteten Folgen finden Sie hier.

 

Ein Kommentar

  1. Gefällt mir gut. Man muss länger drüber nachdenken, kann mehr dazu sagen. Es gibt eine innere Verwandtschaft zum Original auch insofern, als es sich nicht sofort erschließt. Es ist sehr wichtig, dass auch alte Formen weiter gepflegt und beherrscht werden. Wie dieses Gedicht zeigt, muss kein Schlager oder Ohrwurm dabei herauskommen, wenngleich auch das heute noch erlaubt sein sollte! Es ist schade, dass diese Kommentarfunktion praktisch nicht genutzt wird. (Warum ist das so?) Ich freue mich auf das nächste Türchen in diesem Ganzjahresadventskalender. Schaue oft gleich freitags rein. Das ist etwas, das noch etwas Spaß macht. Somit hat die Lyrik eine ihre wichtigsten Funktionen erfüllt. Freude bereiten!!! Was denn sonst? Wichtig. Selten…

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