Gedichte mit Tradition, Folge 30: »Der Eich«

»Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie«: eine fortlaufende Online-Anthologie, zusammengestellt von Jan-Eike Hornauer

 

Pega Mund

Der Eich
(Hommage an Onkel Heinz)

Es tanzt auf weitem Feld im Lichte
der Erhabenheit ein Eich.
Am Himmel wundervolles wildes
Wolkenspiel! »Oh sehet«,
tönt der Baum mit seiner sehr sonoren
Eichenrindenstimm,
»oh seht nur, wie ein Schatten mir vom Aste
und zugleich den Zauber bricht!

Der Schatten ist das Gegenteil vom Licht
und dunkelt alles an, und das, ich las es
bei Spinoza, ist ganz schlimm
dual. Macht aber nix!
Ich wiege einfach meine Zweige
munter weiter, und zwar unverdrossen weich
und paradiesisch schlangengleich:

Verführerisch zu wirken ist mein Ziel!«
So tönt der Eich. Verborgen aber
in den Ritzen seiner Rinde
ruft, während hohl der Baum ins Blaue räsoniert
und über Zeit, Spinoza, Ewigkeit
und sonst noch was voll Pathos schwadroniert,

die wohlbekannte Made
nach dem wohlbekannten Kinde …
 

© Pega Mund, Gröbenzell
 

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Zu dieser Reihe: »Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie« ist eine Online-Sammlung erstveröffentlichter zeitgenössischer Poeme, die zentral auf ein bedeutendes Werk referieren, ob nun ernsthaft oder humoristisch, sich verbeugend oder kritisch. Jeden Freitag erscheint eine neue Folge der von Jan-Eike Hornauer herausgegebenen Open-End-Anthologie. Alle bereits geposteten Folgen finden Sie hier.

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