Jubiläumsblog. Ein Vierteljahrhundert DAS GEDICHT
Folge 48: Hans-Werner Kube – Der Mensch hinter dem Dichter

Seit 25 Jahren begleitet die Zeitschrift DAS GEDICHT kontinuierlich die Entwicklung der zeitgenössischen Lyrik. Bis heute ediert sie ihr Gründer und Verleger Anton G. Leitner mit wechselnden Mitherausgebern wie Friedrich Ani, Kerstin Hensel, Fitzgerald Kusz und Matthias Politycki. Am 25. Oktober 2017 lädt DAS GEDICHT zu einer öffentlichen Geburtstagslesung mit 60 Poeten aus vier Generationen und zwölf Nationen ins Literaturhaus München ein. In ihrer Porträtreihe stellt Jubiläumsbloggerin Franziska Röchter jeden Tag die Teilnehmer dieser Veranstaltung vor.

Hans-Werner Kube, geboren 1953 in Leverkusen-Opladen, ist verheiratet (seit 1983), hat drei erwachsene Söhne, lebte am Nieder­rhein, in Mittel­hessen, wohnt seit 2001 im Ruhrgebiet (Witten). Kube war Finanz­beamter, Zivi, Gemeinde­pastor, arbeitet seit 2000 als Verwaltungs­angestellter und seit 2008 zusätzlich als Redakteur. Er ist Mitglied im Autoren­kreis Ruhr-Mark e. V., leitet den Wittener Autoren­treff, ver­öffent­licht Lyrik, Prosa und theo­logische Texte. Kube hat mehrere Lyrik­preise erhalten, unter anderem den Publikums­preis des Hochstadter Stiers 2015.

Manch Dichter schreibt einfach, weil ihm manchmal etwas einfällt – so wie Hans-Werner Kube. Mit Franziska Röchter sprach er über den eigenen Sound, Spontanvorträge in antiken Kulissen und die Magie des Wortes.

Ich probiere alles Mögliche aus.

Bitte beschreiben Sie Ihre Erscheinung mit maximal sieben Eigenschaftswörtern.

Dick, alt, weiß, männlich, glatzköpfig.

Bitte beschreiben Sie Ihr Wesen mit maximal sieben Begriffen.

Interessiert und bequem, fröhlich und depressiv, fromm und skeptisch, introvertiert.

Was, glauben Sie, schätzen Freunde am meisten an Ihnen?

Gelassenheit, Freundlichkeit, Zurückhaltung, theologisches Wissen.

Bitte nennen Sie Ihre jüngsten oder für Sie wichtigsten Veröffentlichungen.

In Anthologien: »ausseits inseits« und »für dich« in: »Wenn Liebe schwant« (muc Verlag, München 2017); »Wassermusik« in: »Die besten Kugel-Schreiber« (Kid Verlag, Bonn 2017); »bin ich« in: »Gedichte von jetzt« (ed(ition) cetera, Leipzig 2016).

Wir ordnen Sie Ihren lyrischen Stil ein? Mit welchen Dichtern fühlen Sie sich besonders verbunden?

Ich habe noch keinen eigenen Sound (denke ich jedenfalls). Ich probiere alles Mögliche aus. Beeinflusst von Kirchenlied, Liturgie, Volkslied, Songpoeten wie Bob Dylan, Leonard Cohen, Tom Waits, Nick Cave, Konkreter Poesie usw. Wenn ich einen Namen nennen soll, dann den dichtenden Pfarrer oder pfarrenden Dichter Kurt Marti (1921–2017).

 

Hans-Werner Kube. Foto: privat
Hans-Werner Kube. Foto: privat

 

Welche Eigenschaften an Ihnen werden möglicherweise von anderen verkannt?

Mein Genervtsein. Meine Ängstlichkeit.

Woher kommt Ihre Liebe zur Poesie?

Bereits als Teenie, Jugendlicher haben mich Kirchenlieder auf der einen Seite, Texte von Rock- und Popsongs auf der anderen Seite fasziniert. Da ich nie ein Instrument erlernt habe, bin ich beim bloßen Wort geblieben.

Seit wann kennen Sie die Zeitschrift DAS GEDICHT?

Ich besitze alle Ausgaben ab Nr. 16. Komplett gelesen habe ich sie ab Nr. 19.

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie zum ersten Mal die Nachricht erhalten haben, dass eines Ihrer Gedichte in DAS GEDICHT publiziert wird?

Wahrscheinlich ß-ta-ta, ti ral-la-la, yipie I oh, yipie I ay, a whop bop-a-lu a whop bam boo, yeah, yeah, yeah, praise the Lord, amen.

In welcher Ausgabe war das und wie heißt das Gedicht?

»mobil« in DAS GEDICHT 21.

Was war Ihr schönstes Erlebnis in Zusammenhang mit einem Gedicht?

Ein frisches Erlebnis: Ich habe im Juni eine Studienreise durch Bulgarien gemacht. Wir haben auch das antike Theater in Plovdiv besucht. Ich bin gebeten worden, mich unten auf die Bühne zu stellen und ohne Mikro ein Gedicht vorzutragen, damit die Reisegruppe einen Eindruck von der Akustik bekommt. Es war das Gedicht »hier und dort« (in: DAS GEDICHT 25) mit den letzten Zeilen: »hier ist Theater / dort ist das Leben«. Es passte einfach – und wurde auch in den oberen Reihen noch verstanden.

Nicht umsonst heißt es: »Diese Mahlzeit war ein Gedicht.« oder »Das Kleid ist ein Gedicht!« Was ist denn Ihr Lieblingsgedicht von einem anderen Dichter?

»dem herrn unserem gott« von Kurt Marti, da ich ihn oben schon mal nannte.

Bitte nennen Sie weitere Lieblingsgedichte.

»Gott sei Dank« von Anna Breitenbach; »Was es ist« von Erich Fried (wenn auch etwas abgegriffen); »Todesfuge« von Paul Celan (lässt immer noch meinen Atem stocken); »Wir stehn auf dünner Erdenhaut« von Arnim Juhre; »Memento« von Mascha Kaléko; »Nicht mutig« von Marie Luise Kaschnitz. Das ist eine eher spontane Auswahl.

Und was ist Ihr Lieblingsgedicht aus eigener Feder?

 

Geh, dichte

 

mach den Affen
den Elefanten
mach dir einen Reim
auf alles Ungereimte
mach dir ein Bild
und sei im Bilde
und mach dich lustig
mitunter lächerlich

komm aus dem Takt
beim Gleichschritt
blase den Marsch
und pfeif drauf

jongliere mit Stil
bringe die Träume
zum Schäumen
schlage Rad
am Grabe
und Haken
in die Phrasen

werde dichter

 

Poesie sollte realistisch sein, geerdet, aber auch visionär.

Was wünschen Sie der Poesie generell, damit mehr Menschen Gedichte lesen oder Gedichtbände kaufen?

Inhaltlich: Sie sollte realistisch sein, geerdet, aber auch visionär, sowohl verständlich als auch geheimnisvoll.

Wie könnte man Ihrer Meinung nach der Lyrik wieder zu dem Stand verhelfen, den sie einst hatte: nämlich Königsgattung in der Literatur zu sein?

Ich wünsche ihr mehr Lyrik-Förderer, Mäzene.

Woran arbeiten Sie gerade in literarischer oder künstlerischer Hinsicht?

Ich lasse mich treiben. In dieser Woche habe ich drei eigene Gedichte für ein Hörbuch unseres Autorenkreises Ruhr-Mark eingelesen.

Was lässt Sie weiter Gedichte und Texte schreiben?

Mir fällt manchmal was ein. Ich möchte durch gelegentliche Beteiligung an Ausschreibungen etwas Aufmerksamkeit auf mich lenken. Ist das jetzt Understatement oder grundehrliches Statement? Was weiß ich. Die Magie des Wortes.

Lieber Hans-Werner Kube, herzlichen Dank!

 

Franziska Röchter. Foto: Volker Derlath

Unser »Jubiläumsblog #25« wird Ihnen von Franziska Röchter präsentiert. Die deutsche Autorin mit österreichischen Wurzeln arbeitet in den Bereichen Poesie, Prosa und Kulturjournalismus. Daneben organisiert sie Lesungen und Veranstaltungen. Im Jahr 2012 gründete Röchter den chiliverlag in Verl (NRW). Von ihr erschienen mehrere Gedichtbände, u. a. »hummeln im hintern«. Ihr letzer Lyrikband mit dem Titel »am puls« erschien 2015 im Geest-Verlag. 2011 gewann sie den Lyrikpreis »Hochstadter Stier«. Sie war außerdem Finalistin bei diversen Poetry-Slams und ist im Vorstand der Gesellschaft für
zeitgenössische Lyrik. Franziska Röchter betreute bereits 2012 an dieser Stelle den Jubiläumsblog anlässlich des »Internationalen Gipfeltreffens der Poesie« zum 20. Geburtstag von DAS GEDICHT.


Die »Internationale Jubiläumslesung mit 60 Poetinnen und Poeten« zur Premiere des 25. Jahrgangs von DAS GEDICHT (»Religion im Gedicht«) ist eine Veranstaltung von Anton G. Leitner Verlag | DAS GEDICHT in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München. Mit Unterstützung der Stiftung Literaturhaus. Medienpartner: Bayern 2.

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Literaturhaus München


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