von Jürgen Bulla
Lampedusa, wo schon im
sechzehnten Jahrhundert
flüchtige nordafrikanische
Sklaven Asyl fanden, brüten
hinter den Auffanglagern die
naturgeschützten, unechten
Karettschildkröten. Sie rührt
keiner an, nicht einmal die
zwei Scud-Raketen, die 1986
auf die Insel fielen, den weiten
Sandstränden im Paradies der
Taucher aber nichts anhatten,
Vorposten italienischer Behörden,
das tiefblaue Meer mit einem
Hauch von Türkis, für tausend
Euro kann man sich hier ermorden
lassen, und den in den Tod Ab-
geschobenen gedenkt allein
ein ivorischer Dichter:
Songe à Lampedusa
© Jürgen Bulla, München