»Lockdown-Lyrik 2.0! Quarantäne poetisch ausleuchten – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns weiterhin die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der nun von Sabine Schiffner, Anton G. Leitner, Alex Dreppec und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie (Dank an Jan-Eike Hornauer, Mitherausgeber Folge 1-154).
Karsten Paul
Der pandemisch abgestumpfte Poet
versucht ein Sonett zu verfassen
Was reimt sich denn auf »Seuche«?
Das gibt mir echt den Rest,
da reimt nicht mal die »Pest«!
Ach ja: Es reimt »Gekeuche«.
Doch ist das allzu plastisch,
wenn jemand grad erstickt,
der Tod ein Dasein knickt – – –
Warum bin ich sarkastisch?
Vermutlich weil das Leiden
der Kranken sehr weit weg ist,
und nie bei mir ums Eck ist.
Man muss sie sogar meiden.
Vielleicht der Seuche schlimmster Raub:
Sie macht uns innen taub.
© 2021 Karsten Paul, Nürnberg
(Redaktion: Fritz Deppert und Alex Dreppec)
Lockdown Lyrik 2.0. Wir hatten gehofft, dass es zu keinem zweiten Lockdown mehr kommen würde. Aber jetzt ist er angeordnet, der sog. »Wellenbrecher-Lockdown«. Er beginnt in Deutschland ab Montag, den 2. November 2020 – mit der Aussicht auf triste Herbst- und Wintertage. Grund genug für die Redaktion der Jahresschrift DAS GEDICHT, ihre vieldiskutierte Netz-Anthologie zur Corona-Krise vom Frühjahr 2020 wieder hochzufahren. Möge diese Online-Sammlung zur Pandemie uns allen einmal mehr dabei helfen, tief Luft zu holen und möglichst viele Aspekte der weltweiten Katastrophe mit dem Instrumentarium der Lyrik auszuleuchten, damit wir und unsere Leserinnen und Leser mental nicht unter die zweite Welle geraten!
Sabine Schiffner, Alex Dreppec, Fritz Deppert und Anton G. Leitner
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.
Ich hatte eigentlich mit Corona Lyrik schon abgeschlossen. Aber es gibt doch immer noch neue Facetten. Hier, lieber Karsten Paul, gefällt mir der durchaus gelungenen Versuch, diese labilen Zeiten in eine so stabile Form wie die Sonettform zu bannen und sie damit der reinen Zufälligkeit der Wortfindung wenigstens scheinbar zu entheben. Was der tiefere Sinn des Sonetts ist, weswegen ist oft in Krisenzeiten als Gegenbewegung Anwendung fand. ( Gryphius, Haushofer etcetera)