Nikolaus Dominik. Foto: privatZur Erinnerung an den Lyriker Nikolaus Dominik (1951–2012) publizieren wir anlässlich seines zweiten Todestages am heutigen 10. September 2014 auf DAS GEDICHT blog einen lyrischen Text aus seinem Band »Es schneit ins Herz. Letzte Lyrismen«. Nikolaus Dominik zählte viele Jahre lang zu den Hausautoren der Zeitschrift DAS GEDICHT. Für die Herausgeber und die Redaktion DAS GEDICHT lebt er in seinen Versen weiter. Allen Freunden unsererer Zeitschrift und allen anderen interessierten Lesern zeitgenössischer Lyrik empfehlen wir seinen letzten Gedichtband, der auch als E-Book in den gängigen Portalen downloadbar ist, zur Lektüre.
Vers der Woche
von Anton G. Leitner, Weßling
Bundesautobahn 9, Raststätte Fränkische Schweiz, Pegnitz West, elfter Mai zwanzigzweiundzwanzig
Als er mit etwas Mühe aussteigt aus dem VW Golf Sportsvan silbermetallic, und wie er aus der gebückten Haltung heraus wieder eine aufrechtere anzunehmen versucht, wie er dasteht vor uns mit seinem kurzen, geschneckelten Haar, in einer feingerippten, hellbraunen Cordhose, dazu einen Cashmere-Rundhalspullover in dezentem Rauchblau trägt und darunter ein gebügeltes, weißes Hemd, wie er sich anstrengt, seine noch immer leicht verzogene Körperhaltung mit sportlichen Armbewegungen zu kaschieren und wie perfekt er die Vorstellung von einem älteren, britischen Gentleman souverän ausfüllt, und das alles nur circa 50 Meter entfernt, und als dann auch noch eine kleinere, grau-blonde Frau im roten Blazer seine Beifahrertür öffnet und sich vertraut zu ihm gesellt, da gibt’s mir einen richtigen Stich und danach wird’s mir gleich auch noch warm ums Herz, als ich mir vorstelle, ER wäre es und wir träfen ihn jetzt ganz zufällig zusammen mit Mutter an dieser Raststätte in Oberfranken, wo er gerne unterwegs war mit ihr, und wir könnten ihn, könnten sie beide spontan einladen auf Steckerleis und Espresso, auf einen einfachen, versteht sich, denn ein doppelter wäre ihm viel zu stark, den würde er mit den Worten »den dabagg i need« ablehnen, und wir könnten erleben, wie sehr er sich freut, uns hier aus heiterem Himmel zu treffen, und er hätte sicher sofort unendlich viele neue und alte Geschichten parat und würde alle Leute ringsum gleich miteinbeziehen ins Gespräch, Corona hin oder her, er würde vermutlich sogar aufspringen und den Tisch wechseln, an dem wir uns zusammengesetzt hätten, und er würde gestenreich erzählen und vielleicht gar nicht mehr wegkommen von dieser Raststätte, wenn wir nicht alle weiter müssten und ihn zum Aufbruch drängen würden, und ich wäre mindestens einen Espresso lang, aber höchstwahrscheinlich noch viel länger, kein vaterloser Geselle mehr, hätte noch einen, meinen, der noch munter unterwegs wäre auf der Welt und dessen Wege sich jederzeit immer wieder kreuzen könnten mit meinen, zum Beispiel hier und jetzt, auf der Bundesautobahn 9, Raststätte Fränkische Schweiz, Pegnitz West, an diesem verdammt sommerlich-sonnigen elften Mai zwanzigzweiundzwanzig gegen sechzehnuhrdreißig.
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