Melanie am Letzten – Folge 14: Das Machtspiel

Es ist ein Wahnsinn, ein Irrsinn und nicht selten ein Blödsinn: So geht es zu im Tollhaus Welt. Der Mensch neigt zu seltsamen Verhaltensweisen, die schockieren, alarmieren oder amüsieren können. Was hilft zu guter Letzt? Die Poesie. Nicht ärgern, stänkern oder meckern, sondern dichten – meint die schwarzhumorige Poetin Melanie Arzenheimer und kommentiert die Deadlines des Lebens jeweils am Monatsende auf DAS GEDICHT blog.

 

»Wichtig ist auf dem Platz.« So lautet eine alte Fußballerweisheit. Schön wär´s. Wichtiges spielt sich vor allem neben dem Platz ab. In schicken Besprechungsräumen, teuren Hotels und vermutlich sogar in manch einem zwielichtigen Etablissement. Der Weltfußballverband FIFA macht derzeit den Eindruck, als könne er selbst der Mafia noch Fortbildungsseminare in Sachen Korruption und Vetternwirtschaft geben. Einen unbelasteten Kandidaten für den Posten des Präsidenten zu finden, scheint fast unmöglich.

Was hat die FIFA in der Vergangenheit nicht alles an Geld für Fairplay-Kampagnen ausgegeben. Die galten leider ausschließlich den Sportlern auf dem Platz. Maximal noch den Fans. Aber die Funktionäre? Die spielen in einer eigenen Liga. Und da gibt es nur eine Regel: wer zahlt, schafft an. Und wer viel zahlt, der bekommt eine Weltmeisterschaft, selbst wenn dafür ein spontaner Klimawandel nötig wäre. Gut.

Nun könnte man ganz nüchtern analysieren, dass für große Spektakel schon immer Opfer gebracht werden mussten. So ein FIFA Präsident ist im Prinzip ja auch nichts anderes als ein römischer Imperator, der den Massen eine gute Show präsentieren möchte. Nicht zuletzt deswegen, damit seine Herrlichkeit nicht in Frage gestellt wird. Er versammelt wohlhabende Gefolgsleute um sich (auch das hatten die Römer schon richtig gut drauf), verspricht diesen Posten und Annehmlichkeiten wie das Treffen mit Sportstars (vermutlich gab es auch schon in der Antike das »Meet and greet your Gladiator«) und bekommt dafür Unterstützung auf (sport)politischer Ebene.

Anstrengend wird die Sache, wenn die guten Kumpels gierig werden. Und wenn einer plötzlich meint, er könne den Imperator stürzen. Dann werden Machtspielchen gespielt, die mit Fußball so viel zu tun haben wie Nordkorea mit der Pressefreiheit. Dem Publikum bleibt nur eins: sich verwundert zu fragen, wie es so weit kommen konnte, dass alles wichtiger ist, als das auf dem Platz.
 

Feindschaftsspiel,

Als die FIFA
überraschend
die Moral entdeckte
bescherte das
der Lichtgestalt
einen Blackout
mit Aussicht
auf Erleuchtung
nach Sepps Fall
Rückzieher

 
© Melanie Arzenheimer, Eichstätt

 

Melanie Arzenheimer. Foto: Volker Derlath
Melanie Arzenheimer. Foto: Volker Derlath
»Melanie am Letzten« wird Ihnen von Melanie Arzenheimer präsentiert. Sie wurde 1972 in Eichstätt / Bayern geboren, wo sie heute noch wohnt. Melanie Arzenheimer arbeitet als Chefredakteurin bei der espresso Mediengruppe Ingolstadt, sowie als freiberufliche Hörfunkmoderatorin.
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Alle bereits erschienenen Folgen von »Melanie am Letzten« finden Sie hier.

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