»Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie«: eine fortlaufende Online-Anthologie, zusammengestellt von Jan-Eike Hornauer
Alex Dreppec
Wenn Wandernieren kollidieren
Zwei vagabundierende Wandernieren
wollten aus der Haut fahr’n beziehungsweise spazieren.
Jedoch, schon bald nach dem Losflanieren
war der Wirt der beiden strapaziert wie nie,
und deshalb wohl kollidierten sie.
Das ließ ihren Wirt kollabieren.
Sie mussten den Plan revidieren.
© Alex Dreppec, Darmstadt
+ Das Original
Joachim Ringelnatz
Die Ameisen
In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee,
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Denn auf den letzten Teil der Reise.
So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht.
+ Zum Autor
Alex Dreppec wurde 1968 in Jugenheim bei Darmstadt geboren, wo er heute als promovierter Psychologe und Berufsschullehrer u. a. in der Ausbildung von Erzieherinnen arbeitet. Als Autor hat er sich vor allem dem komischen Gedicht verschrieben. Er wurde 2004 mit dem Wilhelm-Busch-Preis ausgezeichnet und ist in diversen Standardwerken vertreten, wie »Der große Conrady« (Neuauflage 2008, Artemis & Winkler) und »Hell und schnell« (hg. v. Robert Gernhardt und Claus Cäsar Zehrer, S. Fischer 2004). Er begründete 2006 den Science Slam in Darmstadt, der sich seitdem international ausbreitet. In jüngerer Zeit findet Dreppec überdies mit seinen oft sprachakrobatischen Gedichten zunehmend Eingang in die englischsprachige Literatur (die Übersetzungen sowie Neudichtungen besorgt er selbst), darunter hoch anerkannte Zeitschriften wie »Notre Dame Review«, »Cincinnati Review« (beide USA) und »Orbis« (UK). Er ist regelmäßiger Autor der Zeitschrift »Parody on Impression« (New York). Zuletzt von ihm erschienen: »Tanze mit Raketenschuhen / Dance with Rocket Shoes« (2016), »Glasaugenstern« (2015, beide chiliverlag). www.Dreppec.de
»Gedichte mit Tradition« im Archiv
Zu dieser Reihe: »Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie« ist eine Online-Sammlung zeitgenössischer Poeme, die zentral auf ein bedeutendes Werk referieren, ob nun ernsthaft oder humoristisch, sich verbeugend oder kritisch. Jeden Freitag erscheint eine neue Folge der von Jan-Eike Hornauer herausgegebenen Open-End-Anthologie. Alle bereits geposteten Folgen finden Sie hier.