Lockdown-Lyrik 133: »Landeier« von Jakob Nacken

»Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der von Alex Dreppec, Jan-Eike Hornauer und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie.

 

Jakob Nacken

Landeier

Jo Leute, in Zeiten von Corona
Feier ich mit diesen Zeilen alle Landbewohner

Wer den Weg vom Stadtrand
Raus aufs flache Land fand
Ist jetzt ganz außer Rand und Band
Und macht vor Freude Handstand

Denn ich will an dieser Stelle mal bekannt geben
Draußen auf dem Land muss ich niemandem die Hand geben
Während in der Stadt die Viren schon an allem drankleben
Lehn ich mich zurück und genieße hier das Landleben

… wenn stündlich wieder etwas Schreckliches bekannt wird
Und allen nur Corona-Gefahr durch den Verstand schwirrt
Liegt doch auf der Hand, dass man davon voll verspannt wird
Doch ich grab in der Erde und fühle mich wie’n Landwirt.

Ich genieß die Stille, hier in der Idylle
Während ich hier chille riecht es nur ganz leicht nach Gülle!

Ich bin total entspannt, fühl mich wie im Ruhestand
Werd von der Sonne braungebrannt, als läge ich am Strand
Ich bin schon dorfbekannt, denn keiner chillt so elegant
kommt mal wer vorbeigerannt, hebe ich nur kurz die Hand.

Das Leben in der Stadt ist sogar am Rand teuer
Kommt erstmal die Krise, rennst du bald zum Pfandleier
Während ich enspannt den Menschheitsfortbestand feier
Am Ende jeder Seuche überleben nur die Landeier!

 
Zu sehen bei: Reim Patrouille Folge 1 (Minute 5:00)

 
© Jakob Nacken, Nehren bei Tübingen

 

 

Zu dieser Reihe: »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung zu den aktuellen Auswirkungen der Corona-Krise. Wir wollen im Gespräch bleiben, während wir Infektionsketten unterbrechen. Wir wollen die Erfahrung der Vereinzelung miteinander teilen. Wir wollen virtuelle Brücken bauen. Wir wollen das tun, was wir können: dichten, die Welt – und auch die aktuelle Situation – poetisch erfassen.Unser Anliegen ist es in jedem Fall, zu einem Mehr an Besonnenheit beizutragen, zu versöhnen statt zu spalten. Mit Sorge sehen wir überharte Diskussionen, wie sie derzeit online, aber auch offline zu häufig geführt werden. Klar ist uns: Es gehört zu einer Demokratie dazu, Konflikte auszutragen. Aber wir insistieren auch hierauf: Es ist ebenso unerlässlich, sich des Gemeinsamen, Verbindenden bewusst zu sein und zu werden sowie respektvoll miteinander umzugehen.

Uns ist bewusst, dass bereits der Ansatz, zur Corona-Pandemie eine Lyrik-Online-Anthologie herauszugeben, ihre Auswirkungen zeitnah lyrisch zu behandeln, und dies aus verschiedenen Perspektiven sowie in unterschiedlichen Tonlagen, als Provokation aufgefasst werden kann. So ist diese Sammlung keineswegs gemeint. Ihr Thema an sich ist jedoch eben hochemotional besetzt. Für uns, die Herausgeber der Reihe, bleibt trotzdem und gerade deshalb wichtig: Wir wollen Brücken bauen, Perspektiven weiten, der ungewohnten Situation mit poetischen Mitteln und im gemeinschaftlichen Sinne begegnen.

Bleiben Sie gesund!

Alex Dreppec, Jan-Eike Hornauer, Fritz Deppert
 
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.

 

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