William Shakespeare
Sonnet 18
Shall I compare thee to a summer’s day?
Thou art more lovely and more temperate;
Rough winds do shake the darling buds of May,
And summer’s lease hath all too short a date;
Sometime too hot the eye of heaven shines,
And often is his gold complexion dimm’d;
And every fair from fair sometime declines,
By chance or nature’s changing course untrimm’d;
But thy eternal summer shall not fade,
Nor lose possession of that fair thou ow’st;
Nor shall Death brag thou wander’st in his shade,
When in eternal lines to time thou grow’st:
So long as men can breathe or eyes can see,
So long lives this, and this gives life to thee.
Friedrich Bodenstedts Übersetzung von William Shakespeares
Sonett 18
Soll ich Dich einem Sommertag vergleichen?
Nein, Du bist lieblicher und frischer weit –
Durch Maienblüthen rauhe Winde streichen
Und kurz nur währt des Sommers Herrlichkeit.
Zu feurig oft läßt er sein Auge glühen,
Oft auch verhüllt sich seine goldne Spur,
Und seiner Schönheit Fülle muß verblühen
Im nimmerruh’nden Wechsel der Natur.
Nie aber soll Dein ewiger Sommer schwinden,
Die Zeit wird Deiner Schönheit nicht verderblich,
Nie soll des neidischen Todes Blick Dich finden,
Denn fort lebst Du in meinem Lied unsterblich.
So lange Menschen athmen, Augen sehn,
Wirst Du, wie mein Gesang, nicht untergehn.
Allgemein ist anzumerken: Mit Nachdichtungen von Shakespeare-Sonetten (neben »Sonnet 18« hat er bereits weitere Sonette frei in seine Muttersprache übertragen, sein »sonett 116« findet sich gar auch auch schon in den »Gedichten mit Tradition« veröffentlicht, und zwar in Folge 223) stellt sich Fitzgerald Kusz zwangsläufig nicht nur in einen internationalen literarischen Kontext, sondern er führt auch eine deutsche Tradition fort: Denn die Kunst der Nachdichtung von Shakespeare-Sonetten (die im Ergebnis stark zwischen möglichst großer Worttreue und weitreichender Aneignung durch den Überträger schwankt) bildet durchaus eine eigene, so lange wie tiefe Traditionslinie in der deutschen Lyrikgeschichte. Eine recht profunde Übersicht von Beispielen aus dem 19. und zweimal aus dem 20. Jahrhundert findet sich hier:
http://www.deutsche-liebeslyrik.de/europaische_liebeslyrik/shakespeare/shakespeare_18.htm
Und auch im 21. Jahrhundert wird diese Tradition munter und hochkarätig fortgeführt, etwa in der Frankfurter Anthologie von Hans Christoph Buch im Januar 2022 oder im umfangreichen Nachdichtungsprojekt ausgewählter Shakespeare-Sonette von Helmut Krausser (2012 in drei Bänden erschienen bei Hochroth).
Was nun Kusz, der auch zusammen mit Gitarrist Klaus Brandl unter dem Motto »Blues & Kusz« lyrisch-musikalische Abende und CDs im Programm hat, besonders wichtig ist: Die Musikalität, der Sound und Schwung der Shakespeare-Sonette.
Und was er mit seinen Shakespeare-Sonett-Nachdichtungen zudem freilich fortführt: echte Literatur und Mundart zusammenzubringen – was ja bekanntlich auch das Lebenswerk des Nürnbergers beschreibt.