Gedichte mit Tradition, Folge 27: »Der römische Brunnen heute«

»Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie«: eine fortlaufende Online-Anthologie, zusammengestellt von Jan-Eike Hornauer

 

Jan-Eike Hornauer

Der römische Brunnen heute

Aufsteigt der Strahl gar niemals mehr,
die Wasserkosten war’n zu groß
für dieses Spiel, so peripher.
Vertrocknung ist des Brunnens Los.
Der ersten Marmorschale Rund,
es ist zwar fast noch übervoll,
und auf der zweiten Schale Grund
– gemahnend an das Protokoll –
stürzt manch ein Tropfen noch hinab,
jedoch ist’s merklich viel zu knapp,
die zweite gibt nichts mehr hinfort,
zu hoch ist nun ihr kalter Rand.
Die dritte: nur noch trau’ger Ort,
mit Staub und Dreck bald eingebrannt.

Das Schöne dran: Er stellt was dar,
ist mehr nun als zu Meyers Zeit.
Was schwülstig-reimend einstmals war,
zeigt nun der Menschen Wirklichkeit.
 

© Jan-Eike Hornauer, München
 

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Zu dieser Reihe: »Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie« ist eine Online-Sammlung erstveröffentlichter zeitgenössischer Poeme, die zentral auf ein bedeutendes Werk referieren, ob nun ernsthaft oder humoristisch, sich verbeugend oder kritisch. Jeden Freitag erscheint eine neue Folge der von Jan-Eike Hornauer herausgegebenen Open-End-Anthologie. Alle bereits geposteten Folgen finden Sie hier.

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