von Wolfgang Oppler
Auf einer Fläche
von der Größe neuner
Fußballfelder
buhlen fünfunddreißigtausend
herausragende Kunstwerke
aus sämtlichen Epochen
menschlichen Kulturschaffens
um meine Aufmerksamkeit.
Würde ich jedem Exponat
fünf Sekunden widmen,
wäre ich in knapp neunundvierzig
Stunden durch.
Lieber schenke ich
meine Aufmerksamkeit
einer weiteren Tasse Kaffee,
klein, schwarz, stark,
und lasse mir die Sonne
auf die Nase brennen
in dem winzigen Straßencafé
in der Rue Mouffetard.
© Wolfgang Oppler, Unterschleißheim
Verehrter Wolfgang Oppler,
Ihr Gedicht weckt bei mir eine Erinnerung: Nach mehrtägiger Anreise mit dem Fahrrad zur Dokumenta in Kassel zog ich es im August 1982 vor, einsam den Bergpark Wilhelmshöhe zu durchstreifen und quartierte mich bei der Kasseler Familie W. ein, deren Nachwuchs das Maurerhandwerk der Kunst ganz entschieden vorzog und mich zum einem Segeltörn auf dem Edersee einlud. Aus heutiger Sicht finde ich diese Entscheidung bedauerlich. Ich hätte gut beides haben können.
Zu Ihrem Gedicht: Es scheint mir in vergleichbarer Weise schade, wenn das lyrische Ich Kaffee und Sonne dem Besuch des Musée du Louvre vorzieht, da es sich offensichtlich hier, wie damals in Kassel, um eine Scheinalternative handelt. Die schier atemberaubende Vielzahl an Kunstwerken kann ja kaum ein Grund sein, sich nicht doch ein paar davon anzuschauen und beim anschließenden Kaffee nachwirken zu lassen.
Als Leser erwartete ich zumindest Aufklärung darüber, warum der Kaffee in der Rue Mouffetard so viel wichtiger ist, als der Genuss der herausragensten Kunstwerke. Vielleicht lassen Sie sich ja von mir zu einer Überarbeitung anstiften?