Lockdown-Lyrik 2.0 / 014: »Gebet eben im Garten« von Mathias Jeschke

»Lockdown-Lyrik 2.0! Quarantäne poetisch ausleuchten – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns weiterhin die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der nun von Sabine Schiffner, Anton G. Leitner, Alex Dreppec und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie (Dank an Jan-Eike Hornauer für die Mitherausgeberschaft bei Folge 1-154).

 

Mathias Jeschke

Gebet eben im Garten

Sie demonstrieren für das Grundgesetz
und für Freiheit, so behaupten sie.
Wenn ich ihren Plakaten folge, jedoch
gegen Regierung und Wissenschaft.
Versammeln sich trotz Infektionsgefahr.
Blicken nicht über sich selbst hinaus.
Haben Angst vor einer Diktatur.
Davor, mundtot gemacht zu werden.
Es heißt aber Mundschutz.

Ich habe eben lang im Frieden des
abendlichen Gartens gestanden.
Zwei Amseln sprangen durchs Gras,
eine Kohlmeise suchte etwas, die
Rosen bebrüteten ihre Knospen,
der Mond sichelte fein am Himmel.
Ich war dankbar für dieses Leben,
das immer wieder so bedroht ist.
Ich stand lange da und sah mich um
und habe insgeheim, in aller Stille
demonstriert für Nächstenliebe und
Besonnenheit, für Ruhe und Alleinsein.

 

© 2020 Mathias Jeschke, Stuttgart
(Redaktion: Anton G. Leitner)

 

 

Lockdown Lyrik 2.0. Wir hatten gehofft, dass es zu keinem zweiten Lockdown mehr kommen würde. Aber jetzt ist er angeordnet, der sog. »Wellenbrecher-Lockdown«. Er beginnt in Deutschland ab Montag, den 2. November 2020 – mit der Aussicht auf triste Herbst- und Wintertage. Grund genug für die Redaktion der Jahresschrift DAS GEDICHT, ihre vieldiskutierte Netz-Anthologie zur Corona-Krise vom Frühjahr 2020 wieder hochzufahren. Möge diese Online-Sammlung zur Pandemie uns allen einmal mehr dabei helfen, tief Luft zu holen und möglichst viele Aspekte der weltweiten Katastrophe mit dem Instrumentarium der Lyrik auszuleuchten, damit wir und unsere Leserinnen und Leser mental nicht unter die zweite Welle geraten!

Sabine Schiffner, Alex Dreppec, Fritz Deppert und Anton G. Leitner
 
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert