Das knifflige Poesiepuzzle, Folge 28: Lies

Achim Raven veröffentlicht in loser Folge am 13. eines Monats Überlegungen zu Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Gedichteschreibens. Im ersten Beitrag geht es um den Vers, der weder Zeile noch Satz ist und in der Ambivalenz seiner Möglichkeiten höchsten Scharfsinn oder aber bodenlose Dumpfheit befördern kann.

 

Lies

Ortsschild Lies
Foto: Achim Raven

Der Aufforderung, Lügen zu lesen, folgen wir gern, schöne Lügen sind das Gegenteil von fake news, denn sie bestürzen nicht, sondern bereiten Vergnügen. Fakten müssen verifizierbar sein, fake news sind falsifizierbar. Schöne Lügen können gar nicht bestätigt oder widerlegt werden. Sie können lediglich scheitern, indem sie kein Vergnügen bereiten. Verschwörungsgläubige können mit schönen Lügen nichts anfangen, weil sie statt hören und lesen nur glauben können. Ihr einziges Vergnügen ist der Glaube, dessen einzige Zutat der Hass auf Ungläubige ist.

Den Rest besorgen die Schmachtherapeuten
Mit Schwatzhaft im Marianengraben
Beim Seeteufel seiner Großmutter
Wer aber schweigt darf Meer erleben
Biolumineszenz blau total
3% Kochsalzanteil der Unendlichkeit
Ein Teebeutel der Glückseligkeit im Ozean der Gefühle

 

© Achim Raven

 

Achim Raven
Achim Raven (Foto: privat)
Achim Raven, geboren 1952 in Düsseldorf, hat von 1984 bis 2015 unter dem Pseudonym Ferdinand Scholz einige Bücher mit Lyrik und Prosa veröffentlicht.
Seither veröffentlicht er unter seinem richtigen Namen, zuletzt: Der Ernst des Unernstes kommt vom Unernst des Ernstes, Düsseldorf 2022, edition virgines. Er hat 40 Jahre an Gymnasien Deutsch, Philosophie und Kunst unterrichtet und 10 Jahre literarisches Schreiben an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.

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