Andreas Altmann
Das Radio
In den feuchten Bäumen fallen unvorhersehbare Geräusche
aus den Zweigen. Der Regen sammelt sich. Im Haus spielt eine Frau
Clara Schumann. Die Tage werden kürzer, je näher der Tod rückt.
Ich weiß nicht, an welcher Stelle er auf mich wartet. Was für ein Glück.
Heute fand die Deutsche Toilettenkonferenz statt. Ich muss meinen Ohren
trauen. Einer schwarzen Maus wurde der Kopf abgebissen. Wie schön
ihr Fell glänzt. Fünf junge Katzen verstecken sich, wenn ich die Tür öffne.
Wie klimaschädlich ist Musik, auch dafür gibt es Experten. Wie das Spiel
der Geige die Seele häutet. Die Nachtigall hat heute morgen wieder
gesungen, es war schon hell. Auch sie ist ein Teil der Nahrungskette.
Schnecken sprießen aus dem Boden und fressen die Blumen, bevor
ihre Blüten leuchten. Der Bau von Schultoiletten sollte pädagogisch
begleitet werden, sagt eine Frauenstimme im Radio. Deutschlandfunk
Kultur. Auch Musikfestivals werden oft abgesagt. Dinge verwandeln sich.
Nur der Zauber fehlt. Dann verstummt das Klavier, setzt von neuem an.
Das Stück ist an die zweihundert Jahre. So alt wird kein Mensch.
Wahrscheinlich hat alles einen tieferen Sinn. Junge Frauen und Männer
haben Angst vor Telefonaten, habe ich heute gehört. Was für ein Tag.
So still und ohne ein Wort zu sprechen. Ich schau aus dem Fenster,
es regnet in Strömen. Das Radio steht auf der Mauer, geht in den Wellen
unter. Ich kann es nicht ungeschehen machen.
© Andreas Altmann, Berlin