Eingestreute Gedichte: »Flätig« von Richard Dove


Richard Dove

Flätig
Versuchungsversuch des Postethikers

Was für ne Schrulle reitet dich denn, eh? Tick,
der dein Gesicht entstellt. Tut allen weh. Glück
besteht darin, Geschichte smart zu fälschen:
Trümmer bewirbst du dreist als Lofts mit Seeblick.
Der ölige Jargon des Immomaklers
schmiert auch den unverfrorensten Odyssee-Trick.
Reg dich nicht auf übers Halluzinieren
der KI: Schön träumt sie, die Kybernetik,
vom Eigennutz, dem selbstlosesten Fremdnutz,
von der schlicht einzigen ehrlichen Idee. Guck,
feste Prinzipien haben nix zu suchen
in einer Welt aus wackeligem Gelee, dick
und relativ. Spring über deinen Schatten
moralischer Vorbehalte, alles Schneeschlick
von gestern. Morgen strahlt nur DEINE Sonne,
schmeißt du den hehren Phrasenmüll weg. Hey, tick
a ganz klein weng normaler: Moralinsäure
verdirbt den süßen Brei. Schnallst du es je? Knick
den Faden des naiven dummen Fortschritts,
zerschneid ihn (mittig, halt so um den Dreh). Klick
macht’s dann; die Welt ersteht neu, rein ästhetisch,
sobald du sie begräbst, die greise Ethik.


© Richard Dove, München


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