»Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie«: eine fortlaufende Online-Anthologie, zusammengestellt von Jan-Eike Hornauer
Patricia Falkenburg
Rosenstreit.
Gertrude Stein: »A rose is a rose is a rose«
Mein Liebster zürnt:
»Stachlige Ungeheuer
Pflanztest du
Auf unsere Beete.
Scharfe Waffen,
Mich zu verheeren!«
Mein Liebster droht
Mit Vernichtung und
Achtet kaum meiner Tränen.
»Schön blüht auch
Die schwerköpfige Pfingstrose.
Schön die sanfte Iris
Mit ihrem zärtlichen Fell.«
Doch mich nährt der
Duft meiner Rosen im Gartenwind,
Übers Jahr, wenn Iris und
Pfingstrose verblüht sind
Schon längst.
»Liebster, komm: Ich
Pflege die Rosen. Die
Striemen auf deiner Haut
Decke ich mit Zärtlichkeit und
In der vielfarbigen Blüten Pracht
Wollen wir uns wieder vertragen.
Ist doch eine Rose
Eine Rose, allein
Eine Rose.«
© Patricia Falkenburg, Pulheim
+ Zum Original
Zum Ausgangspunkt nimmt Patricia Falkenburg hier eine der berühmtesten Phrasen der Poesiegeschichte: »A rose is a rose is a rose«. Sie stammt von Gertrude Stein, die sie sehr gerne auch mit einem weiteren angehängten »a rose« verbreitet hat (etwa 1935 in »Lectures in America«). Ihren Ursprung hat diese an der Malströmung des Kubismus angelehnte Formulierung – die gemeinhin so interpretiert wird, dass Dinge für sich stehen – im Gedicht »Sacred Emily«, das 1922 erschienen ist. Allerdings beinhaltete es dort noch eine weitere Wendung, war doch der Auftakt ein Personenname: »Rose is a rose is a rose is a rose«.
Hieraus erklärt sich wohl auch, dass sich später aus der Verdreifachung von »a rose« oftmals eine Vervierfachung ergab: Stein stellte ihrer Ur-Phrase einfach ein »A« voran. Die nun vierfach gleiche Phrase allerdings erscheint recht sperrig, und die Redundanz sowie das Nur-auf-sich-selbst-Verweisende wird bereits bei einer Verdreifachung sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, so dass in den üblichen umlaufenden Fassungen der Phrase die Verdreifachung üblich ist. Dies gilt dabei in verschiedenen Sprachen, denn die gebürtige Amerikanerin und Wahlfranzösin (sie ließ sich 1903 mit knapp 30 Jahren in Paris nieder) hatte international großen Einfluss. So ist etwa in Deutschland ihr als »Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose« übersetztes Diktum seit Jahrzehnten aus dem Schulunterricht sowie aus Feuilletondiskurs und Kunstdebatten nicht wegzudenken.
+ Zur Autorin
Patricia Falkenburg wurde 1961 in Mannheim geboren und wohnt mit ihrer Familie in Pulheim bei Köln. Sie ist promovierte Naturwissenschaftlerin (genauer: Molekularbiologin), Lyrikerin und Fotokünstlerin. Gedichte veröffentlicht sie in deutscher sowie englischer Sprache. Von Mai 2016 bis zu ihrer Einstellung im März 2021 war sie Redaktionsmitglied von »Lyrik in Köln«. Sie gehört der »Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik« (GZL, Leipzig), der Kölner Autorengruppe »Faust«, der Gedok Köln, dem Autorenkreis Rhein-Erft (ARE) sowie dem PEN Freundes- und Förderkreis an. Gedichtveröffentlichungen in zahlreichen Anthologien, Zeitschriften und Blogs, u. a. Poesialbum neu, Versnetze, Dichtungsring, Syltse, Johnny, DAS GEDICHT blog (hier etwa in »Das flüchtige Schöne einfangen«). Einzelveröffentlichung: »Portugiesische Notizen« (Lyrikheft 24, Sonnenberg-Presse 2019).
www.Patricia-Falkenburg.com
»Gedichte mit Tradition« im Archiv
Zu dieser Reihe: »Gedichte mit Tradition – Neue Blätter am Stammbaum der Poesie« ist eine Online-Sammlung zeitgenössischer Poeme, die zentral auf ein bedeutendes Werk referieren, ob nun ernsthaft oder humoristisch, sich verbeugend oder kritisch. Jeden zweiten Freitag erscheint eine neue Folge der von Jan-Eike Hornauer herausgegebenen Open-End-Anthologie. Alle bereits geposteten Folgen finden Sie hier.