Lockdown-Lyrik 2.0 / 021: »Hässlicher Novembertag eines Risikopatienten« von Fritz Deppert

»Lockdown-Lyrik 2.0! Quarantäne poetisch ausleuchten – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns weiterhin die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der nun von Sabine Schiffner, Anton G. Leitner, Alex Dreppec und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie (Dank an Jan-Eike Hornauer für die Mitherausgeberschaft bei Folge 1-154).

 

Fritz Deppert

Hässlicher Novembertag eines Risikopatienten

Der Tag ist grau und regenkalt,
die Bäume krallen sich
mit kahlen Gichtfingern in
den tiefhängenden Himmel,
Nebel wabern als kämen sie
aus Gullys und Mülleimern.
Schwefelgeruch steht in
den Vorstadtstraßen. An
den Containern stapeln sich
Rotweinflaschen. Ratten
besaufen sich an den Neigen.
Die Herz-Lungen-Maschine in
meiner Brust schlägt einen
arhythmischen Spätherbstbeat.
Vier Wände ohne Ausweg –
ich übe Quarantäne.
Hässlicher Novembertag –
In den Intensivstationen
stirbt sich’s leichter.

 

© 2020, Fritz Deppert, Darmstadt
(Redaktion: Anton G. Leitner)

 

 

Lockdown Lyrik 2.0. Wir hatten gehofft, dass es zu keinem zweiten Lockdown mehr kommen würde. Aber jetzt ist er angeordnet, der sog. »Wellenbrecher-Lockdown«. Er beginnt in Deutschland ab Montag, den 2. November 2020 – mit der Aussicht auf triste Herbst- und Wintertage. Grund genug für die Redaktion der Jahresschrift DAS GEDICHT, ihre vieldiskutierte Netz-Anthologie zur Corona-Krise vom Frühjahr 2020 wieder hochzufahren. Möge diese Online-Sammlung zur Pandemie uns allen einmal mehr dabei helfen, tief Luft zu holen und möglichst viele Aspekte der weltweiten Katastrophe mit dem Instrumentarium der Lyrik auszuleuchten, damit wir und unsere Leserinnen und Leser mental nicht unter die zweite Welle geraten!

Sabine Schiffner, Alex Dreppec, Fritz Deppert und Anton G. Leitner
 
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.

 

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