Lockdown-Lyrik 2.0 / 142: »April« von Robert Meskhi

»Lockdown-Lyrik 2.0! Quarantäne poetisch ausleuchten – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns weiterhin die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der nun von Sabine Schiffner, Anton G. Leitner, Alex Dreppec und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie (Dank an Jan-Eike Hornauer, Mitherausgeber Folge 1-154).

 

Robert Meskhi

April

Wie können sie denn schon wieder den April in die Ecke stellen,
mit dem Gesicht zur Wand.
Die Veilchen und Zyklamen werden trotzdem aus den Trottoirs sprießen,
in den verseuchten Städten,
und an diesen farblosen Haltestellen warten sie dann
auf ihren virtuellen Weitertransport.
Verliebte Mandelbäume stellen sich auf die Brücken.
Und eine sanfte Brise weht vom Flussufer her
um ihre weißen Kronen.
Der geschwängerte Fluss fließt vorüber
und stillt den Durst der Seelen von Ertrunkenen.
Nachdem er im Schoß seiner eiskalten Mutter überwintert hat,
lässt er das Wasser wieder reichlich strömen.
In geschlossenen Fenstern erscheinen neugierige Gesichter,
die sehen aus wie Bilder in Passepartouts.

Zum Vergleich:
Im Land der aufgehenden Sonne würde man sagen:
Ich bin immer noch mit Maske,
in Sudzioka
blühen die Kirschblüten schamlos.

 
რობერტ მესხი / Robert Meskhi

აპრილი

ყველა აპრილს ხომ ვერ დააყენებენ კუთხეში,
პირით კედლისკენ?
შეწამლულ ქალაქებში
იები და ბუჩქისძირები გამოვლენ ტროტუარებზე
და ფერგადასულ გაჩერებებთან დაელოდებიან
ვირტუალურ ტრანსპორტს.
შეყვარებული ნუშები დადგებიან ხიდებზე
და თეთრ შუბლებს შეუშვერენ ხეობიდან მობერილ ნიავს.
ფეხმძიმე მდინარე ჩამოივლის,
დამხრჩვალთა სულებს დაარწყულებს,
დედის კალთაში ღამენათევი გაემზადება წყლების დასაღვრელად.
დახურულ ფანჯრებში
ალაგ-ალაგ გამოჩნდებიან ცნობისმოყვარე სახეები
პასპარტუში ჩასმულ სურათებივით.

შედარებისთვის –
ასე იტყოდნენ ამომავალი მზის ქვეყანაში:
მე – კვლავ პირბადით.
სიძუოკაში
უსირცხვილოდ ყვავის საკურა.

 

© 2021 Robert Meskhi, Tblisi
(Übersetzung: Bela Chekurishvili, Redaktion: Sabine Schiffner)

 

 

Lockdown Lyrik 2.0. Wir hatten gehofft, dass es zu keinem zweiten Lockdown mehr kommen würde. Aber jetzt ist er angeordnet, der sog. »Wellenbrecher-Lockdown«. Er beginnt in Deutschland ab Montag, den 2. November 2020 – mit der Aussicht auf triste Herbst- und Wintertage. Grund genug für die Redaktion der Jahresschrift DAS GEDICHT, ihre vieldiskutierte Netz-Anthologie zur Corona-Krise vom Frühjahr 2020 wieder hochzufahren. Möge diese Online-Sammlung zur Pandemie uns allen einmal mehr dabei helfen, tief Luft zu holen und möglichst viele Aspekte der weltweiten Katastrophe mit dem Instrumentarium der Lyrik auszuleuchten, damit wir und unsere Leserinnen und Leser mental nicht unter die zweite Welle geraten!

Sabine Schiffner, Alex Dreppec, Fritz Deppert und Anton G. Leitner
 
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.

 

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