Lockdown-Lyrik 2.0 / 157: »Post-Coronapo(p)kalypse« von Axel Röthemeyer

»Lockdown-Lyrik 2.0! Quarantäne poetisch ausleuchten – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns weiterhin die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der nun von Sabine Schiffner, Anton G. Leitner, Alex Dreppec und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie (Dank an Jan-Eike Hornauer, Mitherausgeber Folge 1-154).

 

Axel Röthemeyer

Post-Coronapo(p)kalypse

Mitten im Pazifik schwimmt eine Insel aus Plastikmüll,
the Great Pacific Garbage Patch.
Dort findet das abgefahrenste Rockkonzert
aller Zeiten statt.
Wir fahren für euch hin, denn dahin
zu kommen ist immer noch nicht einfach.
Das Festival, eine Art Burning Man
auf dem Wasser, glänzt mit Top Acts wie
Bobby and the Climate Changers,
An Inconvinient Truth, Globocaust,
Jake Scully and the Na’avi,
Captain Sparrow, Dead Men’s Chest,

Claire Grube, Godzilla’s Fart,
Mama Gaja, Plastic Desaster
und dem
K-Pop Wunder The Kyoto Protocoll.
Es ist Magnet für allerlei Gestalten
aus der Jet-Ski-Freak-Szene:
Aussteiger-Millionäre,
DIY-Weltretter, Endzeit-Propheten,
Ökokalyptiker und ihre Groupies treffen
sich zu einem wild-ausgelassenen, maskenlosen
Bacchanal auf einer Müllhalde.
Ein Berauschter taumelt lallend vor die Kamera
„Plastik; immer Auspacken;
jeden Tag ist Weihnachten!“,
und fällt ins Wasser zwischen den Müllklippen.

Auf dem Höhepunkt des Konzerts
taucht aus den Tiefen des atomverseuchten Pazifiks
ein Riesenungeheuer auf und verschlingt die Insel.

 

© 2020 Axel Röthemeyer (1976-2020), Darmstadt
(Redaktion: Alex Dreppec in Erinnerung an einen Freund)

 

 

Lockdown Lyrik 2.0. Wir hatten gehofft, dass es zu keinem zweiten Lockdown mehr kommen würde. Aber jetzt ist er angeordnet, der sog. »Wellenbrecher-Lockdown«. Er beginnt in Deutschland ab Montag, den 2. November 2020 – mit der Aussicht auf triste Herbst- und Wintertage. Grund genug für die Redaktion der Jahresschrift DAS GEDICHT, ihre vieldiskutierte Netz-Anthologie zur Corona-Krise vom Frühjahr 2020 wieder hochzufahren. Möge diese Online-Sammlung zur Pandemie uns allen einmal mehr dabei helfen, tief Luft zu holen und möglichst viele Aspekte der weltweiten Katastrophe mit dem Instrumentarium der Lyrik auszuleuchten, damit wir und unsere Leserinnen und Leser mental nicht unter die zweite Welle geraten!

Sabine Schiffner, Alex Dreppec, Fritz Deppert und Anton G. Leitner
 
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.

 

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