Melanie am Letzten – Folge 11: Die gute alte Zeit

Es ist ein Wahnsinn, ein Irrsinn und nicht selten ein Blödsinn: So geht es zu im Tollhaus Welt. Der Mensch neigt zu seltsamen Verhaltensweisen, die schockieren, alarmieren oder amüsieren können. Was hilft zu guter Letzt? Die Poesie. Nicht ärgern, stänkern oder meckern, sondern dichten – meint die schwarzhumorige Poetin Melanie Arzenheimer und kommentiert die Deadlines des Lebens jeweils am Monatsende auf DAS GEDICHT blog.

 

Da steht er nun. Ein Bild von einem Mann, im Bayerischen auch als »Mannsbild« bezeichnet. Und er macht keinen Hehl daraus, dass er sich wieder einen »Kini« (hochdeutsch König) für sein Land (damit ist natürlich Bayern und nicht Deutschland gemeint) wünschen würde. Und das obwohl die Regenten – sprich Ministerpräsidenten – in Bayern sowieso schon durch eine eigene parteiinterne Nachfolgeregelung bestimmt werden und weniger durch Wahlen (wer die gewinnt, steht ja ohnehin schon fest). Doch der Königstreue hätte am liebsten wieder einen mächtigen Mann im Land, der klare Ansagen macht, wo es lang geht. Und dann kommt das unvermeidliche Argument von der »guten, alten Zeit«, das gerade in Bayern immer noch für glänzende – nein nicht Kinderaugen, sondern eher Rentneraugen – sorgt.

Aber warum? Was war früher so wunderschön? Dass man deutlich früher gestorben ist und schon eine Zahnentzündung lebensgefährlich war? Dass nicht jeder Lesen und Schreiben konnte? Dass Frauen nicht studieren durften? Dass ein Monarch mit seiner Bauwut einen ganzen Saat ruinieren konnte? Und dass man wegen Majestätsbeleidigung im Zuchthaus landete? Ach ja, die Todesstrafe war auch noch üblich. War schon schön, die gute alte Zeit. Wer das heutzutage übrigens über das Internet und per Smartphone propagiert, dem sollte dieses neumodische Teufelszeug abgenommen werden. Das gab’s in der guten alten Zeit schließlich auch nicht.
 

Nostalgisch,

Früher
war alles besser

Himmel blauer
Madln scheu
Nächte lauer
Burschen treu

Vater strenger
Auto rostig
Zimmer enger
Scheißhaus frostig

Alles besser als
früher

 
© Melanie Arzenheimer, Eichstätt

 

Melanie Arzenheimer. Foto: Volker Derlath
Melanie Arzenheimer. Foto: Volker Derlath
»Melanie am Letzten« wird Ihnen von Melanie Arzenheimer präsentiert. Sie wurde 1972 in Eichstätt / Bayern geboren, wo sie heute noch wohnt. Melanie Arzenheimer arbeitet als Chefredakteurin bei der espresso Mediengruppe Ingolstadt, sowie als freiberufliche Hörfunkmoderatorin.
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Alle bereits erschienenen Folgen von »Melanie am Letzten« finden Sie hier.

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