Es ist ein Wahnsinn, ein Irrsinn und nicht selten ein Blödsinn: So geht es zu im Tollhaus Welt. Der Mensch neigt zu seltsamen Verhaltensweisen, die schockieren, alarmieren oder amüsieren können. Was hilft zu guter Letzt? Die Poesie. Nicht ärgern, stänkern oder meckern, sondern dichten – meint die schwarzhumorige Poetin Melanie Arzenheimer und kommentiert die Deadlines des Lebens jeweils am Monatsende auf DAS GEDICHT blog.
Da soll noch einer sagen, so ein Leben auf dem Land wäre romantisch, idyllisch und irgendwie entspannt. Von wegen! Auf dem Land ist der direkte Blick zum Himmel vielleicht nicht durch ein Hochhaus verbaut und man kann die U-Bahn auch nicht verpassen, weil es gar keine gibt. Aber dafür gibt es die Natur. Und die spielt sich manchmal so richtig auf.
Kaum geht die Sonne auf, ist es vorbei mit der himmlischen Ruhe. Die Vögel pfeifen nämlich auf die Morgenruhe und sind anscheinend echt begeistert von jenem Wurm, den sie in aller Herrgottsfrühe zu fangen pflegen. Meist wohnt dieser Wurm auch noch vor dem Schlafzimmer eines Menschen, der gerne seine Ruhe hätte, sie aber nicht bekommt, weil das Erschießen von Amseln und Co. mit einem Luftgewehr gesellschaftlich geächtet ist. Die Nacht hat jener Mensch leider schlecht geschlafen, weil er die seltsamen Kratzgeräusche draußen vor der Garage wahrgenommen hat. Schon wieder war der Gelbe Sack Opfer eines Angriffs durch einen Marder. Der Igel, der sich sonst auch gern in alte Joghurtbecher verbeißt, macht Sommerpause. Dafür verbuddelt Kater »Sir Lancelot« sein Häufchen gerade im Gemüsebeet, um dann bei seinem nächtlichen Rundgang den üblichen »Street-Fight« mit Kater »Rasputin« von gegenüber auszutragen. Wer Katzen schon mal schreien gehört hat weiß: die können mit der städtischen Techno-Bar locker mithalten. Für die Krönung der idyllischen Geräuschkulisse sorgt dann der Chor aus Kröten, der sich jeden Abend mit diversen »Songs« bemerkbar macht. Wo eine Pfütze ist, da lassen sie sich nieder. Und Pfützen, Teiche, Seen, Flüsse, Altwässer und Sumpfgebiete gibt’s auf dem Land reichlich. Manchmal muss man bloß zum Nachbarn rüber schielen:
Generalprobe
19 Uhr
die Frösche
schweigen
treiben
regungslos
im Teich
So bleich
wie eine
Wasserleiche
sieht man
sie recht
gerne an
Morgen sind
die Nachbarn
dran
© Melanie Arzenheimer, Eichstätt
»Melanie am Letzten« wird Ihnen von Melanie Arzenheimer präsentiert. Sie wurde 1972 in Eichstätt / Bayern geboren, wo sie heute noch wohnt. Melanie Arzenheimer arbeitet als Chefredakteurin bei der espresso Mediengruppe Ingolstadt, sowie als freiberufliche Hörfunkmoderatorin.
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