Es ist ein Wahnsinn, ein Irrsinn und nicht selten ein Blödsinn: So geht es zu im Tollhaus Welt. Der Mensch neigt zu seltsamen Verhaltensweisen, die schockieren, alarmieren oder amüsieren können. Was hilft zu guter Letzt? Die Poesie. Nicht ärgern, stänkern oder meckern, sondern dichten – meint die schwarzhumorige Poetin Melanie Arzenheimer und kommentiert die Deadlines des Lebens jeweils am Monatsende auf DAS GEDICHT blog.
Das mit der Freiheit ist ja so eine Sache. Für sich selbst nimmt man nur all zu gerne all die schönen Errungenschaften wie Kunstfreiheit, Meinungsfreiheit und in meinem Fall auch Pressefreiheit in Anspruch. Das sollte in einem demokratischen, offenen Staat doch selbstverständlich sein! Aber wenn ein anderer auf einmal eine andere Meinung vertritt? Eine, die in einem selbst im Prinzip sofort Übelkeit verursacht? Muss der dann eigentlich auch so frei sein dürfen? Er ist ja eigentlich ein Depp. Dann lieber Vorsicht walten lassen. Oder noch besser: das, was meiner Meinung nicht entspricht, irgendwie entsorgen. In den sozialen Medien ist das einfach. Wer meine Meinung nicht teilt – und das im doppelten Sinne – wird einfach aus der Freundesliste geworfen. Es badet sich schließlich am schönsten im eigenen Meinungsbrei. Ist gut für die Haut und das Selbstbewusstsein.
Die Kunst? Ist natürlich nur Kunst, wenn ich sie dafür halte. Logisch. Und wenn ein Gedicht wie dieses »frauenfeindliche Werk« von Eugen Gomringer ungestraft an der Fassade einer Hochschule prangen kann, dann ist das ein Skandal. Schrecklich! Schlimm! Oder ist es Kunst? Das hängt von der Betrachtungsweise ab. Kunstfreiheit hat eben auch ihre Grenzen, damit sie nicht »entartet« (hmmm, da war doch mal was). Und die Pressefreiheit? Die endet schon lang an der Konzerntür oder spätestens in der Marketingabteilung. Für ein gutes Image muss man eben auch Opfer bringen. Im Land der Angsthasen und Hosenscheißer kann schon ein falsches Wort alles verderben.
Freiheit? Sollte man mal grundsätzlich überdenken. Sie ist eine verdammt anstrengende Angelegenheit, wenn man sie nicht nur für sich selbst beansprucht, sondern auch anderen zugestehen muss.
Freiheit
Alles
dürfen
dürfen
Nichts
müssen
müssen
© Melanie Arzenheimer, Eichstätt
»Melanie am Letzten« wird Ihnen von Melanie Arzenheimer präsentiert. Sie wurde 1972 in Eichstätt / Bayern geboren, wo sie heute noch wohnt. Melanie Arzenheimer arbeitet als Chefredakteurin bei der espresso Mediengruppe Ingolstadt, sowie als freiberufliche Hörfunkmoderatorin.
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