Melanie am Letzten – Folge 54: Rette sich, wer kann!

Es ist ein Wahnsinn, ein Irrsinn und nicht selten ein Blödsinn: So geht es zu im Tollhaus Welt. Der Mensch neigt zu seltsamen Verhaltensweisen, die schockieren, alarmieren oder amüsieren können. Was hilft zu guter Letzt? Die Poesie. Nicht ärgern, stänkern oder meckern, sondern dichten – meint die schwarzhumorige Poetin Melanie Arzenheimer und kommentiert die Deadlines des Lebens jeweils am Monatsende auf DAS GEDICHT blog.

Juhu. Die Rettung der Bienen schreitet voran. Zumindest, wenn es nach dem Bienen-Volksbegehren in Bayern geht. Allerdings standen dabei nicht nur Bienen im Mittelpunkt (die haben der Aktion den Namen gegeben, weil „Rettet die blauflüglige Ödlandschrecke!“ klingt so sperrig), sondern die Artenvielfalt ganz allgemein. Und selbige ist nicht nur in der Fauna und der Flora akut gefährdet. Von der Mode über die Fortbewegung bis zur Unterhaltungsindustrie – überall sterben die Arten. Wo bleiben Volksbegehren wie „Rettet die Telefonzellen!“, „Rettet die Kassettenrecorder!“ oder „Rettet die Horror-Clowns!“?

Und in der Politik? Da sollten Volksbegehren wie „Rettet die SPD“ (vor allem in Bayern) doch längst eingetütet sein! Gerade die politische Vielfalt hat ja so viel gemeinsam mit der Welt der Insekten. Bienen und Blumen befruchten sich gerne, um zu überleben. Da wird wild drauf los kopuliert – in der Politik wird koaliert. Hier und da geht der eine, schwächere, unterlegene Partner dabei drauf. Das ist bei manch einer Spinnenart ebenso der grausame Fall. Und selbst wenn Parteien, Personen oder Gruppierungen auf dem politischen Feld aktiv sind, die eigentlich nur nerven und weh tun. Auch sie gehören zur Artenvielfalt. Wie die Wespe, die Stechmücke, der Buchsbaumzünsler (Cydalima perspectalis) und der Borkenkäfer. Man sollte sich gegenseitig nicht mit Giftpfeilen beschießen, sonst bleibt am Ende kaum noch einer übrig. Na ja, der ein oder andere Schleimer vielleicht.

 

Kriechtierkrise

Eine Schnecke
schleimte sich hoch
in der Hecke.

Dasein schmierig
Auskommen schwierig.

Allmählich reifte der Entschluss
die Laufbahn abzukürzen
und sich hinabzustürzen.

Zum Rand gekrochen.
Zu viel versprochen!

Schleimer kleben
eben sehr
am Leben.

© Melanie Arzenheimer, Eichstätt

 

Melanie Arzenheimer. Foto: Volker Derlath
Melanie Arzenheimer. Foto: Volker Derlath

»Melanie am Letzten« wird Ihnen von Melanie Arzenheimer präsentiert. Sie wurde 1972 in Eichstätt / Bayern geboren, wo sie heute noch wohnt. Melanie Arzenheimer arbeitet als freiberufliche Journalistin, Autorin und Hörfunkmoderatorin.
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Alle bereits erschienenen Folgen von »Melanie am Letzten« finden Sie hier.

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