Die Lyriker-Mannschaft von DAS GEDICHT blog mit Kapitän Jan-Eike Hornauer kommentiert die Fußball-EM unterm Eiffelturm
Volker Maaßen
Gruppenspiel der Lions
Paul war wie sein Freund Big Benn
ein eingefleischter Fußballfan.
Darum macht er auch die Reise
über See
nach Marseille
und zahlt dort die Schwarzmarktpreise.
Im Stadion, das muss man loben,
sieht man auch von ganz weit oben,
dass die Menschen, wie getrieben
mit Gesängen
von den Rängen
ihre braven Lions lieben.
Später in der Hafenbar
ist es wie es immer war,
Paul trifft Paula auf dem Strich
und der Benny
trifft die Jenny
und sie saufen fürchterlich.
Wär man auch bei Gruppenspielen
länger auf dem Platz geblieben,
hätt’ man nicht Pastis im Socken
und als Preise
für die Reise
auswärtsstarke Gonokokken.
© Volker Maaßen, Hamburg
(zu der Partie England – Russland, Endstand 1:1, und den unerwarteten Folgen der Nichtverlängerung beim Unentschieden in der Gruppenphase)
+ Zum AutorVolker Maaßen wurde 1943 in Breslau geboren. Er lebt heute als Arzt und Autor in Hamburg. Seine literarischen Schaffensschwerpunkte sind: komische Gedichte und Kurzgeschichten (hier v. a. Segelgeschichten). Lyrisch baut er auf der Neuen Frankfurter Schule auf, zu deren Vertretern F. K. Wächter und Robert Gernhardt er in seiner Zeit in Berlin Kontakt hatte. Zuletzt erschienen sind von ihm der Gedichtband »Bitterleichte Lyrik II« (elbaol) und der satirischen Thriller »Tödliche Transaktionen« (Mohland).
Die EM 2016 lyrisch zu kommentieren, und dies schnell und in doppeltem Sinne fachkundig (mit poetischem und fußballerischem Verstand), mit Witz und Eifer, voll Leidenschaft und auch mal mit distanziertem Blick, dies hat sich das Lyriker-Team um Kapitän Jan-Eike Hornauer zum Ziel gesetzt. Es besteht aus: Michael Hüttenberger, Hellmuth Opitz, Michael Augustin, Alex Dreppec und Matthias Kröner. Und damit durchgängig aus bewährten poetischen Fußball-Kommentatoren: Sie alle waren bereits in der Lyriker-Elf von DAS GEDICHT blog dabei, die vor zwei Jahren den Weg der deutschen Nationalmannschaft zum vierten Stern auf dem Versfuß begleitet hat, spielerisch, euphorisch, kritisch – und mit einer Mannschaftsstimmung, wie man sie sich besser nicht wünschen kann. Und sie alle haben sich blitzschnell dazu bereit erklärt, auch heuer wieder ihre Kugelschreiber rollen zu lassen bzw. am Laptop ihre Silben knallhart in die Ecken der weißen Blätter zu hämmern. Kein Zögern gab es und keine Absage. Der Teamgeist von 2014 ist immer noch da – bei uns und gewiss auch bei den Jungs aus der DFB-Elf. Mögen dort auch einige Spieler durch neue ersetzt worden sein, und mag unser Team zum »kleinen« Turnier auch mit kleinerer Besetzung auflaufen.
Alle bereits geposteten Folgen von »Vom Leder gezogen – zur EM 2016 in Frankreich« finden Sie hier. Und selbstverständlich können Sie auch nach wie vor den kompletten Weg zum vierten WM-Titel poetisch nachvollziehen, und zwar hier: »Vom Leder gezogen – zur Fußball-WM 2014 in Brasilien«.