Die Lyriker-Mannschaft von DAS GEDICHT blog mit Kapitän Jan-Eike Hornauer kommentiert die Fußball-EM unterm Eiffelturm
Hellmuth Opitz
Aus der Reihe »Fußballkunstwerke« heute:
Shaqiris Fallrückzieher
Kurz vor Schluss ballt sich die Menge
zu einem staunenden Gedränge.
Die Münder bilden kollektiv ein O.
Der kleine Schweizer Dynamo
hat hier ein Törchen fabriziert,
wie’s allzu selten nur passiert.
Zum Zungeschnalzen, Sich-Verlieben,
zum Tanzen, Einen-Walzer-Schieben,
zum Heiraten und Kinderkriegen,
zum anbetend Daniederliegen.
Das war doch wohl der Treffer seines Lebens!
Leider vergebens.
© Hellmuth Opitz, Bielefeld
(Zur Achtelfinal-Partie Schweiz – Polen, Endstand 5:6 n. E. Shaqiris fulminanter Treffer, der umgehend als »Tor des Turniers« gehandelt wurde und damit Ronaldos Hackentor, das erst kurz zuvor als solcher gesetzt galt, ablöste, brachte den 1:1-Ausgleich und ermöglichte so die Verlängerung, die torlos blieb.)
+ Zum AutorHellmuth Opitz wurde 1959 in Bielefeld geboren, wo er heute als Werber und Autor lebt. Seinen literarischen Schaffensschwerpunkt bilden Gedichte, die in Sprach- und Bildgebrauch Grenzen verschieben und einen ganz eigenen lyrischen Sound entfalten. 2010 war er »Writer in Residence« im Brecht-Haus in Svendborg (Dänemark). Jüngst ist er mit dem Menantes-Preis für erotische Dichtung 2016 ausgezeichnet worden. Acht Lyrik- und zwei Prosabände sowie zwei Hörbücher sind bislang von dem Ex-Journalisten (u. a. »Rolling Stone«) erschienen, zuletzt: »Die Dunkelheit knistert wie Kandis« (Gedichte; Pendragon).
www.Hellmuth-Opitz.de
Die EM 2016 lyrisch zu kommentieren, und dies schnell und in doppeltem Sinne fachkundig (mit poetischem und fußballerischem Verstand), mit Witz und Eifer, voll Leidenschaft und auch mal mit distanziertem Blick, dies hat sich das Lyriker-Team um Kapitän Jan-Eike Hornauer zum Ziel gesetzt. Es besteht aus: Michael Hüttenberger, Hellmuth Opitz, Michael Augustin, Alex Dreppec und Matthias Kröner. Und damit durchgängig aus bewährten poetischen Fußball-Kommentatoren: Sie alle waren bereits in der Lyriker-Elf von DAS GEDICHT blog dabei, die vor zwei Jahren den Weg der deutschen Nationalmannschaft zum vierten Stern auf dem Versfuß begleitet hat, spielerisch, euphorisch, kritisch – und mit einer Mannschaftsstimmung, wie man sie sich besser nicht wünschen kann. Und sie alle haben sich blitzschnell dazu bereit erklärt, auch heuer wieder ihre Kugelschreiber rollen zu lassen bzw. am Laptop ihre Silben knallhart in die Ecken der weißen Blätter zu hämmern. Kein Zögern gab es und keine Absage. Der Teamgeist von 2014 ist immer noch da – bei uns und gewiss auch bei den Jungs aus der DFB-Elf. Mögen dort auch einige Spieler durch neue ersetzt worden sein, und mag unser Team zum »kleinen« Turnier auch mit kleinerer Besetzung auflaufen.
Alle bereits geposteten Folgen von »Vom Leder gezogen – zur EM 2016 in Frankreich« finden Sie hier. Und selbstverständlich können Sie auch nach wie vor den kompletten Weg zum vierten WM-Titel poetisch nachvollziehen, und zwar hier: »Vom Leder gezogen – zur Fußball-WM 2014 in Brasilien«.