Vom Leder gezogen – zur EM 2016 in Frankreich, Folge 55: »Robson-Kanus Trick«

Die Lyriker-Mannschaft von DAS GEDICHT blog mit Kapitän Jan-Eike Hornauer kommentiert die Fußball-EM unterm Eiffelturm

 

Hellmuth Opitz

Aus der Reihe »Fußballkunstwerke« heute:
Robson-Kanus Trick

Minute 55: Nach langem Ball von Gareth Bale
auf Aaron Ramsey kommt dessen Flanke zielgenau
zu Henry Alex Robson-Kanu, seines Zeichens Mittel-
stürmer, der rücklings zum Tor den Ball annimmt,
mit einem Hackentrick und simpler Drehung zwei
belgische Riesen, Meunier und Fellaini, wie dumme
Mümmelmänner dastehen lässt, um eiskalt zu verwandeln.

So könnte man die nackten Fakten ganz nüchtern mal
in einem Satz zusammenfassen. Doch das war mehr:
Da hat ein Mittelstürmer mit mittlerer Karriere und
mittelmäßiger Trefferquote, frisch ausgemustert beim
englischen Zweitligisten FC Reading, jetzt also arbeitslos,
den Ball nicht etwa abgelegt, einem andern zugeschoben,
nein, er hat den Mumm gehabt, dies Ding selbst zu wagen.

Welch intuitiver Geistesblitz ihm da durchs Hirn schoss,
weiß allein der Fußballgott, der ihm und keinem anderen
walisischen Star diesen genialen Move einhauchte,
zuflüsterte, auflegte. Was wird seine Zukunft bringen?
Eines ist sicher: Mag die Karriere auch weiterhin so
mittelmäßig dahinmäandern wie bisher, mit diesem Tricktor
hat er sich Unsterblichkeit erworben. Zumindest in Wales.

 
© Hellmuth Opitz, Bielefeld

(Zur Achtelfinal-Begegnung Wales – Belgien, Endstand 3:1. »Das ist unfassbar gut«, wertete auch gleich ebenso nachdrücklich wie euphorisch Live-Kommentator Oliver Schmidt, ZDF, diesen technisch herausragenden und von ungewöhnlicher Kaltschnäuzigkeit getragenen Treffer des Mannes zum 2:1 für Wales, der zuvor schon das Siegtor gegen die Slowakei im ersten Gruppenspiel geschossen und somit maßgeblich das Fußballwunder der Drachen bei dieser EM mit ermöglicht hatte.)

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Die EM 2016 lyrisch zu kommentieren, und dies schnell und in doppeltem Sinne fachkundig (mit poetischem und fußballerischem Verstand), mit Witz und Eifer, voll Leidenschaft und auch mal mit distanziertem Blick, dies hat sich das Lyriker-Team um Kapitän Jan-Eike Hornauer zum Ziel gesetzt. Es besteht aus: Michael Hüttenberger, Hellmuth Opitz, Michael Augustin, Alex Dreppec und Matthias Kröner. Und damit durchgängig aus bewährten poetischen Fußball-Kommentatoren: Sie alle waren bereits in der Lyriker-Elf von DAS GEDICHT blog dabei, die vor zwei Jahren den Weg der deutschen Nationalmannschaft zum vierten Stern auf dem Versfuß begleitet hat, spielerisch, euphorisch, kritisch – und mit einer Mannschaftsstimmung, wie man sie sich besser nicht wünschen kann. Und sie alle haben sich blitzschnell dazu bereit erklärt, auch heuer wieder ihre Kugelschreiber rollen zu lassen bzw. am Laptop ihre Silben knallhart in die Ecken der weißen Blätter zu hämmern. Kein Zögern gab es und keine Absage. Der Teamgeist von 2014 ist immer noch da – bei uns und gewiss auch bei den Jungs aus der DFB-Elf. Mögen dort auch einige Spieler durch neue ersetzt worden sein, und mag unser Team zum »kleinen« Turnier auch mit kleinerer Besetzung auflaufen.

Alle bereits geposteten Folgen von »Vom Leder gezogen – zur EM 2016 in Frankreich« finden Sie hier. Und selbstverständlich können Sie auch nach wie vor den kompletten Weg zum vierten WM-Titel poetisch nachvollziehen, und zwar hier: »Vom Leder gezogen – zur Fußball-WM 2014 in Brasilien«.

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