Hans Eichhorn
Schau, sagt das Kind
Schau, sagt das Kind, das ist ein großer Baum.
Der Frühling kracht in den Zapfen der Kiefern.
Und das dunkle Grün der Nadeln wandert den
Bach entlang, den Dotterblumenrain hinauf.
Den Taktstock nicht bewegen. Mit fletschenden
Zähnen trottet der Hund zurück in den Hof.
© Hans Eichhorn, aus: DAS GEDICHT Bd. 22 / Oktober 2014
Hans Eichhorn
Die geschrumpelten Zitronen sind das Reizwort
Die geschrumpelten Zitronen sind das Reizwort,
um kopfüber den beigen Kastenwagen aufzugreifen.
Was mag sich in seinem Laderaum befinden? Und
spielt nicht vielmehr sein unbekannter Inhalt zurück
in den Blick und zum Inbild der geschrumpelten Zitronen?
Bitte, lass mich das Ziel nicht aus den Augen verlieren!
Was für ein Ziel? Den Sprung kopfüber in den Vorrats-
speicher codierter Buchstaben, auf dass sie sich ein ums
andere Mal neu zusammensetzen mögen zu diesem
Wortlaut und zu jenem: Das Amen im Gebet: Die hin
und her huschenden Vögel im nackten Zwetschenbaum-
gezweig. Eine Evangelium schwanzwippender Begriffe.
© Hans Eichhorn
Hans Eichhorn
Damals, der goldgelbe Wein ließ dich
Damals, der goldgelbe Wein ließ dich
leuchten im Presshausquartier. Dein Glück, so
zusammengetrunken war nicht zu fassen.
Das Essen nicht erinnerbar, nur kräftige Schenkel,
ein milchweißer Bauch und der nachtlange Schrei.
Wir sind hausgefallen, wickeln uns in Daunen-
decken und bestellen Würstel mit Saft.
© Hans Eichhorn
Hans Eichhorn
Tanzschritte und der Boxkampf
Tanzschritte und der Boxkampf,
die Luftschläge in die Zimmerhaut,
in das Muskelgewebe Schriftbild.
Im Klangbild der Spielstraße die
Bodenwelle. Blick von den köchelnden
Knödeln zu den knospenden Bäumen.
Der Wind hat Papier und Kartonmüll
über die Wiese gefegt. Was ist aus der
Landkartenunterlage herauszulesen?
Ein Raketenabwehrsystem aus schneller
Farbe und entfernteren Botenstoffen,
die allesamt zwischen Vereinigtem
Königreich und Papua Neuguinea
hin- und herpendeln.
© Hans Eichhorn
Hans Eichhorn (1956 – 2020)
- Lyriker aus Attersee
Hans Eichhorn lebt als Berufsfischer und Schriftsteller am Attersee. Er erhielt zahlreiche Auszeich-nungen, u. a. den Autoren-Förderungspreis der Stiftung Niedersachsen / Wolfenbüttel (1994), den Preis der Literaturzeitschrift »manuskripte« (1999) sowie den Preis des Landes Oberösterreich für Lyrik (2005).
Der Lyriker Hans Eichhorn, Teilnehmer beim »Internationalen Gipfeltreffen der Poesie« am 23.10.2012 in München, stellt sich den Fragen unseres dasgedichtblog-Fragebogens.
Lyriker-Steckbrief
Name / Vorname: Eichhorn, Hans
Geburtsdatum: 13.02.1956
Geburtsort: Vöcklabruck
Augenfarbe: braungrün
Größe: 175 cm
Wohnort (mit Bundesland): Attersee (Oberösterreich)
Aktueller Gedichtband (mit Erscheinungsjahr, Erscheinungsort, Jahr und Verlag): Logenplatz (edition sommerfrische, Attersee / Weitra, 2010)
23 Fragen an den Lyriker Hans Eichhorn
und ein Satz zum Ergänzen
1. Wann sind Sie zum ersten Mal mit einem Gedicht in Kontakt gekommen?
Beim Geburtsschrei.
2. Haben Sie den ersten Kontakt mit Lyrik in positiver oder negativer Erinnerung?
Wie atmen.
3. Wann haben Sie Ihr erstes Gedicht geschrieben und wie lautet dessen Titel?
Beim Zahnarzt – »Beim Zahnarzt«.
4. Wo haben Sie Ihr erstes Gedicht veröffentlicht?
In »Die Rampe«.
5. Was haben Sie der Lyrik zu verdanken?
Das meiste.
6. Was treibt Sie zum Schreiben von Gedichten an?
Wasser und Wasserfälle.
7. Was macht für Sie den Reiz der Poesie aus?
Das Fallen und die Felle.
8. Ihr Lieblingsschriftsteller?
Viele.
9. Ihr Lieblingskünstler?
Viele.
10. Ihr Lieblingsmusiker?
Viele.
11. Ihr Lieblingsfilm?
Viele.
12. Ihre Lieblingsfarbe?
Türkis.
13. Ihr Lieblingswort?
Fischflugs.
14. Ihr Lieblingsvers?
»Drum! So wandle nur wehrlos / fort durchs Leben und sorge nicht!« (aus: »Dichtermut«, Friedrich Hölderlin)
15. Ihr Lieblingsgedicht?
»Hälfte des Lebens«.
16. Ihr größter Fehler?
Dummheit.
17. Was loben Ihre Freunde an Ihnen?
Die Dummheit.
18. Mit wem würden Sie gerne gemeinsam auftreten?
Mit Franzi.
19. Wem möchten Sie nicht in der Sauna begegnen?
Franzi.
20. Welcher Vorzug von Ihnen wird verkannt?
Ordnung.
21. Was war Ihr bislang schönstes Erlebnis mit einem Gedicht?
Sprachlosigkeit.
22. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Wünsche.
23. Welche Nebeneffekte im Literaturbetrieb wären für Sie verzichtbar?
Nebeneffekte.
Und zum Abschluss eine Satzergänzung:
Wenn ich nochmals auf die Welt käme, würde ich…
…sehr lange darüber nachdenken.
Hans Eichhorn
Logenplatz. SommerSeeGedichte
edition sommerfrische, Attersee / Weitra, 2010
120 Seiten
ISBN 978-3-902415-15-8