Andreas Altmann
Schneelied
Der Schnee singt ein Lied vom Gedächtnis,
das keine Erinnerung hat. Schritte sinken.
Es ist mühsam, zu gehen. Das Licht ist verschüttet
und scheint durch die weiße Haut, als gäbe es
Hoffnung. Steil stehen die Kiefern und halten
die Stille an. Mit den Jahren ist der Wald näher
an meinen Körper gerückt. Rinden öffnen sich
und schälen die Zeit. Skelette wölben die weiche
Decke. Ihre Schreie sind verwest. Spuren verraten
blinde Wege. Ich kann meine Augen nicht sehen.
Gelb brennen die Gräser über dem gefrorenen Weiher.
An den Rändern ist das Eis dünn. Es ist wie im Leben
und wie im Sterben. In drei Tagen wird es wärmer.
Dann sinken die Bilder in den Boden. Und nur
ein paar Worte schwimmen auf Pfützen und glauben,
dass sie in See stechen. So jung sind sie noch.
© Andreas Altmann, Berlin