Das Vorbild für Michael Hüttenbergers »Einkaufsfrontlied« ist eines der bekanntesten Arbeiterlieder überhaupt: das »Einheitsfrontlied« von Bertolt Brecht (Text) und Hanns Eisler (Musik), entstanden 1934. Wesentlich auch durch zahlreiche spätere Aufnahmen – etwa von Ernst Busch, Hannes Wader sowie Ton, Steine, Scherben – hat sich diese Arbeiter-Kampfhymne tief im kollektiven Gedächtnis Deutschlands festgesetzt.
Es geht in Brechts Versen um Selbstermächtigung, und es geht in diesem Kontext eben auch um das Stillen von Grundbedürfnissen, die ein Mensch nun einmal hat (Essen, Kleidung, und ja: auch Freiheit); es geht um ein würdiges Leben, und der Mensch wird, freilich aus einer proletarischen Perspektive heraus, in seinem Sein an sich ernst- und angenommen sowie verteidigt. Zentral ist dabei, klar, der Klassenkampf.
Brechts humanistische Klassenkampfansage nutzt nun Hüttenberger, um sie, in Worten, Klang, Aufbau und Stilmitteln nah am Original, inhaltlich ganz zu verdrehen – und sie genau dadurch auch im neuen Text stark präsent sein zu lassen und als kritische Kontrastfolie durchgehend mitwirken zu lassen.
Bei ihm steht der Mensch nicht mehr für sich, und der Mensch kann, ganz anders als bei Brecht, aus sich heraus keinesfalls genügen. Er braucht die materielle Bestechung, benötigt sozusagen den mittelbaren Konsum als Kampfmittel, um seine Existenz rechtfertigen zu können – und das sogar oder gerade im intimsten, engsten, ungeschütztesten Kreis, nämlich dem seiner sogenannten Lieben. Und hierin wiederum sind sich alle Menschen (oder besser: Wirtschaftssubjekte) gleich – insofern ist hier übrigens auch jeder Klassenkampf (zumindest unter diesem Aspekt) obsolet.
Dass die hier dargestellte Wirklichkeit eine falsche ist, dass so herum die Welt nicht zum Glück des Menschen funktionieren kann, ist offenbar und zweifelsfrei die eigentliche Aussage. Es wird also eine Kritik am überbordenden Kapitalismus auf satirisch-bissige bis zynische Art vorgetragen – und mithin, wieder gegensätzlich zu Brecht, das Gemeinte indirekt ausgedrückt: Man darf bei Hüttenberger die Verse nicht wörtlich nehmen, will man sie verstehen, bei Brecht hingegen muss man genau dies.
Zugleich wird bei Hüttenberger kritisch-erbost darauf hingewiesen, dass die christliche Botschaft und der dem Weihnachtsfest samt Vorlauf inhärente Konsumwahnsinn nicht zusammenpassen (wenngleich sie zumindest in der westlichen Welt, so kennen wir es, unverbrüchlich zusammenzugehören scheinen). Keine Frage: Christus war näher an Brechts Menschenbild als an jenem der modernen Konsumdruckmaschinerie.