»Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung von Gedichten, die sich mit der Corona-Krise befassen. Es darf uns die Sprache nicht verschlagen! In loser Folge erscheinen neue Episoden der von Alex Dreppec, Jan-Eike Hornauer und Fritz Deppert herausgegebenen Anthologie.
David Emling
Gedämpftes Schimmern
Frühlingsluft strömt herein und
grelle Zeitsplitter vor mir und kurz die
Möglichkeitsfenster weit offen.
Gehe ich weiter weg oder werden sie
kleiner bis kein Weg mehr da ist außer
sie anzublicken und durchzusteigen
lese ich diese Gedichte höre noch
den Singsang meiner Tochter meiner Frau die
ermahnenden Worte an sie mich uns alle denn ein
Virus hat uns erfasst und der
Graben zwischen
uns und dem da draußen mit keinen Worten zu fassen
wir uns an den Händen und hoffen.
Und was ist ein Draußen wenn man innen ist und
bleibt für
längere Zeit was man sich doch oftmals
wünscht und hofft es könnte sogar
Alltag werden.
Immerhin kann niemand mehr sagen zuhause arbeiten
was ist das soll das geht nicht
Vielleicht aber ist solch ein Virus vor allem
ein Riss der durch
Alltag und Routinen pflügt nicht hält vor
Normalität was ohnehin niemand wird beschreiben können
außer dass es das ist was wir
schon immer tun.
Wer werden wir gewesen sein wenn es wieder anders ist?
© David Emling, Bellheim in der Pfalz
Zu dieser Reihe: »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« ist eine Online-Sammlung zu den aktuellen Auswirkungen der Corona-Krise. Wir wollen im Gespräch bleiben, während wir Infektionsketten unterbrechen. Wir wollen die Erfahrung der Vereinzelung miteinander teilen. Wir wollen virtuelle Brücken bauen. Wir wollen das tun, was wir können: dichten, die Welt – und auch die aktuelle Situation – poetisch erfassen.Unser Anliegen ist es in jedem Fall, zu einem Mehr an Besonnenheit beizutragen, zu versöhnen statt zu spalten. Mit Sorge sehen wir überharte Diskussionen, wie sie derzeit online, aber auch offline zu häufig geführt werden. Klar ist uns: Es gehört zu einer Demokratie dazu, Konflikte auszutragen. Aber wir insistieren auch hierauf: Es ist ebenso unerlässlich, sich des Gemeinsamen, Verbindenden bewusst zu sein und zu werden sowie respektvoll miteinander umzugehen.
Uns ist bewusst, dass bereits der Ansatz, zur Corona-Pandemie eine Lyrik-Online-Anthologie herauszugeben, ihre Auswirkungen zeitnah lyrisch zu behandeln, und dies aus verschiedenen Perspektiven sowie in unterschiedlichen Tonlagen, als Provokation aufgefasst werden kann. So ist diese Sammlung keineswegs gemeint. Ihr Thema an sich ist jedoch eben hochemotional besetzt. Für uns, die Herausgeber der Reihe, bleibt trotzdem und gerade deshalb wichtig: Wir wollen Brücken bauen, Perspektiven weiten, der ungewohnten Situation mit poetischen Mitteln und im gemeinschaftlichen Sinne begegnen.
Bleiben Sie gesund!
Alex Dreppec, Jan-Eike Hornauer, Fritz Deppert
PS: Alle bereits geposteten Folgen von »Lockdown-Lyrik! Quarantäne querdenken – etwas ernst zu nehmen heißt nicht, sich davon unterkriegen zu lassen« finden Sie hier. In loser, jedoch zügiger Folge wird die Sammlung erweitert.