Reisepoesie Folge 16:
Joseph von Eichendorff │ aus »Stimmen der Nacht«

In 21 Folgen stellt die Online-Redaktion der Zeitschrift DAS GEDICHT internationale Reisepoesie aus vier Jahrtausenden vor. So können Sie sich gemeinsam mit uns auf den Weg zur neuen Ausgabe von DAS GEDICHT begeben. Die buchstarke Nummer 21 wird ab Herbst 2013 zeitgenössische Gedichte versammeln, die ums Reisen kreisen.

Joseph von Eichendorff
aus »Stimmen der Nacht«

Weit tiefe, bleiche, stille Felder –
O wie mich das freut,
Über alle, alle Täler, Wälder
Die prächtige Einsamkeit!

Aus der Stadt nur schlagen die Glocken
Über die Wipfel herein,
Ein Reh hebt den Kopf erschrocken
Und schlummert gleich wieder ein.

Der Wald aber rühret die Wipfel
Im Schlaf von der Felsenwand,
Denn der Herr geht über die Gipfel
Und segnet das stille Land.

Joseph von Eichendorff-Clip auf YouTube

Über Joseph von Eichendorff

Der in Oberschlesien geborene Romantiker Joseph von Eichendorff (1788–1857) nahm eine Zeit lang am esoterischen Kreis des Philosophen Fichte teil – was eigentlich schon alles sagt. Außerdem gehört er zu jenen Lyrikern deren Gedenktafeln und Denkmäler das weite Land zu übersähen scheinen – mit anderen Worten: er war und ist so populär wie Rainer Maria Rilke, Jim Morrison und Ronald McDonald. Das ist kein Grund zur Skepsis. Ist es nicht die Dichtung wie die Eichendorffs, die uns daran erinnert, wer wir sind, sein wollen und können? Dieses bleibende Gift von beispielsweise »Abschied«, »Mondnacht«, »Heimweh« oder den lyrischen Romanen wie Aus dem Leben eines Taugenichts und Das Marmorbild. Hierzu zählen auch die 1841 entstandenen »Stimmen der Nacht«, aus denen wir hier den ersten Teil präsentieren. Eichendorff ist in gewisser Hinsicht eine Stimme, die heimsucht und von der sich zu befreien, zu distanzieren, weiterzuentwickeln die Herausforderung der Moderne ist: zu vergessen, was wir verlieren, um uns neuen Empfindungen zu öffnen ohne Sentimentalität.

Diese Auswahl von Reisegedichten aus vier Jahrtausenden wird Ihnen von Paul-Henri Campbell präsentiert. Campbell ist 1982 in Boston (USA) geboren und schreibt Lyrik sowie Prosa in englischer und deutscher Sprache. Zuletzt erschien »Space Race. Gedichte:Poems« (2012). Im Herbst erscheint »Am Ende der Zeilen. Gedichte.«

Mehr Reisegedichte erwarten Sie in DAS GEDICHT 21 (erscheint im Oktober 2013).

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