Wenn Anton G. Leitner Feuer fängt

von Axel Kutsch

Wenn Anton G. Leitner Feuer fängt, dann löscht er nicht, dann brennt er. So auch Ende der neunziger Jahre. Während eines längeren Telefongesprächs mit ihm über die aktuelle Poesie kam mir plötzlich eine Idee: Warum nicht einmal Hitlisten der deutschsprachigen und internationalen Jahrhundertlyriker aufstellen? Kaum hatte ich meine Gedanken ausgesprochen, loderten am anderen Ende der Leitung bereits die Flammen.

Die Hitlisten waren in Sekundenschnelle unter Dach und Fach, auch wenn uns klar war, dass der eine oder andere Bedenkenträger – den spielerischen Charakter der Idee verkennend – beckmessernd Einwände gegen ein solches Ranking in der hehren Kunst der Poesie erheben würde. Immerhin betätigten sich schließlich 56 Lyriker, Herausgeber, Literaturwissenschaftler und Übersetzer als Juroren, darunter unter anderem Heinz Ludwig Arnold, Hans Bender, Ulrike Draesner, Robert Gernhardt, Thomas Kling und  Friederike Mayröcker.

In der siebten Ausgabe der von Anton G. Leitner edierten Zeitschrift DAS GEDICHT konnte man dann lesen, dass die Juroren Gottfried Benn vor Paul Celan und Bertolt Brecht zum deutschsprachigen Jahrhundertdichter sowie Ezra Pound vor Guillaume Apollinaire und Ossip Mandelstam zum internationalen Jahrhundertdichter gewählt hatten.

Die Hitlisten fanden nicht nur in Deutschland, sondern auch weit über die Landesgrenzen hinaus bis nach Südamerika erhebliche Medienresonanz. Das kann dabei herauskommen, wenn der Herausgeber eines Literaturmagazins spontan Feuer fängt und brennt, statt die Flammen vor lauter Bedenken zu ersticken.

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