Gedichte für Kinder – Folge 75: Acht Kindergedichte von Ingritt Sachse

Uwe-Michael Gutzschhahn präsentiert jeweils am 10. eines Monats auf DAS GEDICHT blog faszinierende Kindergedicht-Autoren mit ihren vielfältigen Spielarten der Kinderpoesie. Denn das Kindergedicht soll lebendig bleiben – damit aus jungen Gedichtlesern neugierige Erwachsene werden, die sich an die Klänge und Bilder der Poesie erinnern, statt an die Last der didaktischen Lyrikinterpretation.

 
 
Nachts liegt meine Hose

Nachts liegt meine Hose meistens still
nur das eine Hosenbein macht was es will
es knüllt sich in sich selbst hinein
und lacht sich voller Falten
auch meine Hose muss sich dann den Bauch
vor lauter Lachen halten
und jedes Mal wach ich von ihrem Lachen auf
 
 
Lakratze Lakritze

Lakratze Lakritze ich mach keine Witze
schwarz wie Lakritze ist meine Katze
so schwarz wie die Nacht.

Lakritze Lakratze schneeweiß ihre Tatze
ihre Pfote links hinten
kannst du sie sehen?

Auf der roten Matratze liegt meine Katze
so schwarz wie Lakritze so
schwarz wie die Nacht.

Sie leckt sich und streckt ihre Tatze
zieht eine Fratze will schlafen die Katze
nach dieser Nacht.

Lakritze Lakratze neben der Tatze
neben der Pfote liegt
eine Maus.

Sie ist meine Katze, auch wenn sie mal kratzt und
mit ihren Krallen, mit ihren Zähnen
ein Mäuschen zerfatzt.
Lakritze Lakratz
 
 
Ein Leck im Schleck

Ein Leck im Schleck ein Löck im Schlöck
bei Witterschlick im Schlick ein Lick

vier Viertel sind acht Achtel
in ihrem Nest die Wachtel
mit Wichtel sitzt mit Wuchtel

noch einmal alle durchgezählt,
nur eine fehlt wo ist sie hin
im Schlick die kleine Zick
ist nicht im Löck ist nicht im Lick
bei Wuchtel nicht auch nicht bei Wichtel
die Zick schläft oben in der Fichtel
 
 
Kohlrabenrhabarber

Kohlrabi
Kohlraber
Kohlrabenrhabarber
Kohlrabenschwarz der Rhabarber

Kohlrabenschwarzen Rhabarberschwarzkohl den will ich!
So schwarz wie der schwärzeste Kohlrabenkohl?
Kohlraberschwarz jawohl!
 
 
Wenn Ohrenspitz mit Schnautzelwitz

Wenn Ohrenspitz mit Schnautzelwitz
mit Mutehops und Knockelschlops
aus Trumpelstumpf bei Grumpelsumpf

losmampft und mumpft was dampft und dumpft
was schnurbelt und schnirbelt was knirbelt und zirbelt
mit Hopsaglücksmucks und Schlopsamücksglucks

dann ruckt’s und zuckt’s tut’s keinen Mucks:
es druckt und schluckt
dann spuckt’s wieder aus

das Spitzenohr den Witzelschnautz
den Hopsemut die Schlopselknock
aus Stumpfeltrump bei Sumpfelgrump
die Lumpin und den Lump
 
 
Plitscheplatsch

Plitscheplatsch ein Matschgesang,
durch Schlamm und Schlick am Watt entlang.

Wie Quietscheflatsch aus Glitschequatsch,
so schluppst der graue Soßenmatsch.

Wer kennt sich aus, wer kennt den Trick,
wie kommt man raus aus diesem Schlick?

Nur noch ein kleines Klitschestück,
dann geht’s den festen Weg zurück.

Die Füße? Sie frohlocken,
sie und die Socken<\span>
sind schon bald wieder trocken.<\span>
 
 
Fliegen

Fliegen sind keine Ziegen sind keine Schafe.
Fliegen summen beim Fliegen brummen und
stör’n meinen Schlaf
wenn sie mich kitzeln beim Tipseln
mit ihren flinken und spitzen Füßen
auf meiner Nase auf meinem Rücken.

Noch schlimmer sind Mücken
die finden immer die Lücken zwischen Decke und Bett.
Stecken ihren Rüssel tief unter die Haut und
haben schon wieder von meinem Blut was geklaut
einen winzigen Tropfen

Es ist einfach nicht gut wenn es auf meiner Nase
auf meinem Po auf dem Rücken immerzu juckt.
Dann lieber das Brummen und Summen
das Kitzeln der Fliegen beim Tipseln.

Aber nur wenn sie
von meinem Blut nichts stibitzen.
Denn es gibt auch die frechen
Fliegen die stechen so
wie die Mücken.

Mir juckt’s schon wieder am Kinn auf dem Rücken
am Po und unter dem Fuß!
War’s eine Fliege oder war’s eine Mücke?

Dich will ich kriegen!
Dich will ich zerdrücken!
Schon davongeflogen die Fliege
war eine Mücke.
 
 
Kartoffelgestampf

Was trampelt da, was stampfelt da im Haus herum und pampft,
was schnäuzt da so und schnieft?

Ob da ein Schnäuzer so trampelt und ein Stampfer so schnieft?
Es trampelt noch immer, das Bild hängt schon schief.

Nun mampft es beim Stampfen und dampft durch das Haus.
Ich schau durch die Tür.

Da sitzen die drei!
Der Trampler, der Schniefer, die schnäuzelnde Stampf.
Ich sehe sie dampfen.
Ich sehe sie mampfen einen hellgelben Brei.

Das ist kein Quatsch,
das ist herrlicher Matsch
aus Kartoffeln gestampft.

Ich mampfe mit ihnen, bevor alles verdampft.
 
 
© Ingritt Sachse
 
 
 
Ingritt Sachse wurde in Bremen geboren und ist dort aufgewachsen. Sie arbeitete als Sozialpädagogin u.a. in einer Vorklasse mit 6-7jährigen Kindern und hat mit ihnen am liebsten Geschichten und Gedichte „verschlungen“, sich zusammen mit ihnen Geschichten ausgedacht und sie angeregt, selbst mit Worten und Lauten zu spielen. Später in Berlin war sie an einer Gesamtschule tätig und studierte „nebenbei“ Psychologie, mit dem Ziel, als Psychotherapeutin eine eigene Praxis zu eröffnen. Da sie mit der halben Stelle an der Schule finanziell gerade so über die Runden kam, blieb nicht viel übrig für „Extras“ und Geschenke, was sie auf die Idee brachte, für ihre damals kleinen Neffen Geschichten zu schreiben. Das machte allen Freude – den Neffen, der Tante und allen anderen, die diese Geschichten lasen. Später in Bonn entdeckte sie das Gedichteschreiben für sich. Parallel dazu und wie nebenbei drehten sich immer wieder Reime und Wortspiele hinein. Gedanken, Worte, Laute und Buchstaben purzelten durcheinander wie früher in der Vorklasse und lieferten Überraschungen sowie neue Sichtweisen. Neben der Tätigkeit in der Praxis ein bunter und lebendiger Ausgleich – beide Seiten ergänzen sich noch immer wunderbar.
Neben drei Lyrikbänden für Erwachsene erschienen zwei Bücher mit Gedichten und Sprachspielen für Kinder: „Die Kröte Schild“ 2016 im Mabuse Verlag; aus diesem Band wurde das Gedicht „nachts liegt meine Hose“ für den Blog entnommen. „Still steht und schnauft der grüne Ellkaweh“, so der Titel des zweiten Buches, erschien im Dezember 2020; aus ihm sind ebenfalls einige Gedichte in diesem Blog zu lesen.
Bei der Stiftung „Kreatives Alter“ erhielt sie 2018 einen Preis für ihr Gedicht zum Thema „Blau“ und einen weiteren Preis 2020 für ihren zuletzt erschienen Lyrikband „mir mein leben meine farben ermischen“. Sich für die eine oder andere Art des Schreibens zu entscheiden, wird ihr nicht gelingen – warum auch? Das eine bedingt meistens das andere. Und so wird sie sich auch weiterhin von Reimen, Bildern, Lauten und Worten überraschen lassen.
 
 
 
Uwe-Michael Gutzschhahn
 
 

Uwe-Michael Gutzschhahn. Foto: Volker Derlath
Uwe-Michael Gutzschhahn. Foto: Volker Derlath

Uwe-Michael Gutzschhahn, Jg. 1952, lebt in München und hat an der Universität Bochum über den Lyriker Christoph Meckel promoviert. Seit 1978 hat er zahlreiche eigene Gedichtbände veröffentlicht, u. a. »Fahrradklingel« (1979), »Das Leichtsein verlieren« (1982), »Der Alltag des Fortschritts« (1996) und »Die Muße der Mäuse« (2018). Zwischen 1988 und 1991 gab er die 12-bändige Kinder-Taschenbuchreihe »RTB Gedichte« mit Texten u. a. von Ernst Jandl, Oskar Pastior, Friederike Mayröcker und Sarah Kirsch heraus. 2003 folgte die Anthologie »Ich liebe dich wie Apfelmus«, die er mit Amelie Fried zusammenstellte und die gerade in einer Neuausgabe wiederaufgelegt wurde. Sein erster eigener Kindergedichtband folgte 2012 unter dem Titel »Unsinn lässt grüßen«. Und im Herbst 2015 erschien seine große Nonsenslyrik-Anthologie »Ununterbrochen schwimmt im Meer der Hinundhering hin und her«, im Frühjahr 2018 die Anthologie »Sieben Ziegen fliegen durch die Nacht« bei dtv Junior, die aus der Reihe »Gedichte für Kinder« hervorgegangen ist.

Alle bereits erschienenen Folgen von »Gedichte für Kinder« finden Sie hier.

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