Gedichte für Kinder – Folge 21: Sieben Kindergedichte von Jürgen Brater

Uwe-Michael Gutzschhahn präsentiert jeweils am 10. eines Monats auf DAS GEDICHT blog faszinierende Kindergedicht-Autoren mit ihren vielfältigen Spielarten der Kinderpoesie. Denn das Kindergedicht soll lebendig bleiben – damit aus jungen Gedichtlesern neugierige Erwachsene werden, die sich an die Klänge und Bilder der Poesie erinnern, statt an die Last der didaktischen Lyrikinterpretation.

 

Platzfrage

Ein Aal
namens Karl
schwimmt im Kanal.
Für einen Wal
ist es dort zu schmal.
Darum sieht der Karl
in dem Kanal
kein einziges Mal
einen Wal.
 

Fremdsprachen

Eine schwarzbunte Kuh
stand im Gras, machte Muh.

Hätte sie statt zu muh’n,
wie das Kühe so tun,
wie ein Schaf gemäht,
wie ein Hahn gekräht,
wie ein Bär gebrummt,
wie die Biene gesummt,
wie ein Wolf geheult wild,
wie ein Löwe gebrüllt,
gekrächzt wie ein Rabe,
gezirpt wie ‘ne Schabe,
wie eine Amsel geflötet,
wie ‘n Elefant getrötet,
wie ‘ne Flunder geflundert
hätt mich das sehr gewundert.
 

Trinken

Mich laust der Affe:
Mein Hund trinkt Kaffee!
Ist das gesund
für einen Hund?

Mich tritt ein Schwein:
Mein Pferd säuft Wein!
Für so ein Pferd
ist das doch verkehrt!

Die beiden sollten sich was schämen
die Katze sich zum Beispiel nehmen.
Denn die ist schlau,
sagt leis Miau
und schlürft Kakao.
 

Seltsame Dinge

Es quappt die Kaul,
es wirft der Maul,
es pelzt der Faul.

Es hoft der Bahn,
es weht das Zahn,
es ferkelt das Span.

Es jaut der Kabel,
es schaut die Nabel
es haftet die Fabel.

Es schnuppt die Stern,
es bust der Fern,
es obstet das Kern.

Es läuft der Fluss,
es mundet der Kuss,
es punktet der …
… Schluss!
 

Mordlust

Ich hab grad entzückt
eine Wanze zerdrückt
und brutal und wild
eine Mücke gekillt.
Und was soll ich sagen,
möcht ‘ne Kopflaus erschlagen.
Was ist die Moral?
Mir doch egal.
Glaubst du, dass die Mücke, die lauert
und mich sticht, das am Ende bedauert?
Glaubste nicht?
Na siehste!
 

Reimt sich

Das Warzenschwein
mag schwarzen Wein.
Dem toten Reh
gib roten Tee.
Gern frisst’s auch Matsch.
Was? Das ist Quatsch?
Saublödes Gelaber?
Reimt sich aber!
 

Richtig gern

Wo Wald waldig waldet,
windig windet der Wind,
die Kräh’ krähig krähet,
die Spinn’ spinnig spinnt,
wo die Sonn’ sonnig sonnt,
der Sturm stürmisch stürmt,
der Frosch froschig froscht,
der Wurm wurmig würmt,
wo der Fluss flüssig fließt,
der Pilz pilzig pilzt,
der Regenguss gießt,
der Schnee schmelzig schmilzt,
wo die Blum‘ blumig blühet
und sternig der Stern
am Himmel hell glühet
da lebe ich gern.
 

© Jürgen Brater

Jürgen Brater ist von Haus aus Zahnarzt und er hat in seinem Leben einen Roman und viele Sachbücher sowohl für Erwachsene als auch für Kinder geschrieben, in denen er auf unterhaltsame Weise Alltagsfragen erklärt. So hieß eines seiner bekanntesten Sachbücher für Kinder „Was macht der U-Bahn-Fahrer, wenn er auf Toilette muss“. Gedichte schreibt Jürgen Brater eher nebenbei, einmal hat er ein kleines Bändchen für Erwachsene unter dem Titel „Banale Reime“ veröffentlicht, aber wenn man ihn herausgefordert hat, sprudeln die Verse, weil er wie bei seinem ganzen Schreiben mit Witz und originellen Ideen an die Sache herangeht. Einen eigenen Gedichtband für Kinder hat er bisher noch nicht verlegt. Auch in Anthologien ist leider bis jetzt so gut wie nichts von ihm zu finden. Jürgen Brater lebt in Aalen, und zwar in dem schwäbischen mit zwei A.

Uwe-Michael Gutzschhahn. Foto: Volker Derlath
Uwe-Michael Gutzschhahn. Foto: Volker Derlath

Uwe-Michael Gutzschhahn, Jg. 1952, lebt in München und hat an der Universität Bochum über den Lyriker Christoph Meckel promoviert. Seit 1978 hat er zahlreiche eigene Gedichtbände veröffentlicht, u. a. »Fahrradklingel« (1979), »Das Leichtsein verlieren« (1982) und »Der Alltag des Fortschritts« (1996). Zwischen 1988 und 1991 gab er die 12-bändige Kinder-Taschenbuchreihe »RTB Gedichte« mit Texten u. a. von Ernst Jandl, Oskar Pastior, Friederike Mayröcker und Sarah Kirsch heraus. 2003 folgte die Anthologie »Ich liebe dich wie Apfelmus«, die er mit Amelie Fried zusammenstellte und die gerade in einer Neuausgabe wiederaufgelegt wurde. Sein erster eigener Kindergedichtband folgte 2012 unter dem Titel »Unsinn lässt grüßen«. Und im Herbst 2015 erschien seine große Nonsenslyrik-Anthologie »Ununterbrochen schwimmt im Meer der Hinundhering hin und her.«

Alle bereits erschienenen Folgen von »Gedichte für Kinder« finden Sie hier.

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