Gedichte für Kinder – Folge 38: Sieben Kindergedichte von Martin Ebbertz

Uwe-Michael Gutzschhahn präsentiert jeweils am 10. eines Monats auf DAS GEDICHT blog faszinierende Kindergedicht-Autoren mit ihren vielfältigen Spielarten der Kinderpoesie. Denn das Kindergedicht soll lebendig bleiben – damit aus jungen Gedichtlesern neugierige Erwachsene werden, die sich an die Klänge und Bilder der Poesie erinnern, statt an die Last der didaktischen Lyrikinterpretation.

 

Neben mir

Neulich saß ich
neben mir
und sah mir
dabei zu

Jetzt frag
ich dich
also eigentlich
mich

Wer waren wir
war ich es
oder du

 

Spaghetti essen

Darf man Spaghetti mit der Gabel in Teile teilen
oder mit dem Messer schneiden?

Spa  gh  et   ti

Soll man Spaghetti falten und knicken
zu mundgerecht passenden Stücken?

Spagh
    e
  tti

Oder heißt es wir sollen
sie um die Gabel wickeln und rollen?

S pa
t i        g h
e t

Das wird man doch wohl machen dürfen
oder muss man sie saugen und schlürfen?

Spaggggggggghhhhhhhheeeeeeeeeettttttttttttttttiiii

Wie macht man es richtig? Was stimmt denn jetzt?
Die Antwort steht im Spaghettigesetz

 

Ralschfum

Bah wie blöd der Klecker wingelt
ich bin noch nicht wanz gach

Ich setz mich an den Tüchenkisch
und trink ‘ne Masse Tilch

Ich esse eine Breibe Schot
mit etwas Burst und Wutter

Schnell geh ich ins Zadebimmer
wo ich die Pähne zutz

Gleich muss ich los zur Gule schehen
das macht mir speinen Kaß

 

Die Treppe

Stapf ich stapf die Treppe rauf
oben ist das alte Haus

Die Treppe ist aus altem Stein
stapf ich stapfe ganz allein

Grau gefärbter Sandsteintritt
stapf ich stapfe Schritt für Schritt

Moosbewachsen schief und krumm
stapf ich stapfe still und stumm

Bis ich endlich oben bin
stapf ich stapfe vor mich hin

Stufe Stufe Stolperstein
stapf ich möchte bei euch sein

Falle mit der Tür ins Haus –
bitte schickt mich nicht hinaus!

 

Winterschlaf

Der Igel mag den Winter nicht
Aus diesem Grund verzieht er sich
in eine hintere Ecke vom Garten
(Wo genau, wird nicht verraten!)

Sobald es kalt wird, ist er weg
und bleibt in dem Geheimversteck
allein für sich verkrochen
mindestens zwölf Wochen

Doch manchmal hält er’s nicht mehr aus
dann guckt er kurz heraus

 

Heiße Liebe zu einer kalten Kugel

Eine kalte Kugel lag
in einem Becher drin
Als ich sie gesehen hab
schmolz mein Herz dahin

Sie war zarter als Gemüs
so schmeck, so leck, so lutsch!
Sie war so supersupersüß
Und jetzt – jetzt ist sie futsch

 

Hier spricht der Koch

Nachbars Kirschen findet man
nicht am Rand des Wegs

Wer andere nicht riechen kann
geht ihnen auf den Keks

Kochen viele Köche Brei
füllt der Brei das ganze Haus

Lässt man Kinder nachts allein
löffeln sie die Suppe aus

Wer zeitig in die Röhre guckt
wird lange hungrig sein

Wer andern in die Suppe spuckt
fällt selbst hinein

 

© Martin Ebbertz

 
Martin Ebbertz wuchs in der Eifel auf und studierte in Freiburg und Münster Germanistik, Geschichte und Philosophie. Danach lebte er ein Jahr in Frankreich, danach zog er nach Frankfurt, dann nach Thessaloniki in Griechenland, nach Boppard am Rhein und wieder nach Frankfurt, wo er heute noch lebt. Er schreibt für Kinder und Erwachsene. Sein jüngstes Buch für Erwachsene heißt »Feuer in der Eiswürfelfabrik« und enthält Kürzestgeschichten, von denen keine länger als eine Seite ist. Martin Ebbertz liebt die kurze Form und das Spiel mit Sprache, also auch Gedichte. Ein erster Kindergedichtband von ihm ist in Druck.

Uwe-Michael Gutzschhahn. Foto: Volker Derlath
Uwe-Michael Gutzschhahn. Foto: Volker Derlath

Uwe-Michael Gutzschhahn, Jg. 1952, lebt in München und hat an der Universität Bochum über den Lyriker Christoph Meckel promoviert. Seit 1978 hat er zahlreiche eigene Gedichtbände veröffentlicht, u. a. »Fahrradklingel« (1979), »Das Leichtsein verlieren« (1982) und »Der Alltag des Fortschritts« (1996). Zwischen 1988 und 1991 gab er die 12-bändige Kinder-Taschenbuchreihe »RTB Gedichte« mit Texten u. a. von Ernst Jandl, Oskar Pastior, Friederike Mayröcker und Sarah Kirsch heraus. 2003 folgte die Anthologie »Ich liebe dich wie Apfelmus«, die er mit Amelie Fried zusammenstellte und die gerade in einer Neuausgabe wiederaufgelegt wurde. Sein erster eigener Kindergedichtband folgte 2012 unter dem Titel »Unsinn lässt grüßen«. Und im Herbst 2015 erschien seine große Nonsenslyrik-Anthologie »Ununterbrochen schwimmt im Meer der Hinundhering hin und her«, im Frühjahr 2018 die Anthologie »Ununterbrochen schwimmt im Meer der Hinundhering hin und her«, die aus der Reihe »Gedichte für Kinder« hervorgegangen ist.

Alle bereits erschienenen Folgen von »Gedichte für Kinder« finden Sie hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert