Gedichte für Kinder – Folge 92: Sieben unveröffentlichte Gedichte von Lena Raubaum

Uwe-Michael Gutzschhahn präsentiert jeweils am 10. eines Monats auf DAS GEDICHT blog faszinierende Kindergedicht-Autoren mit ihren vielfältigen Spielarten der Kinderpoesie. Denn das Kindergedicht soll lebendig bleiben – damit aus jungen Gedichtlesern neugierige Erwachsene werden, die sich an die Klänge und Bilder der Poesie erinnern, statt an die Last der didaktischen Lyrikinterpretation.

 

Flohkonzert

Es waren mal zwei Flöhe
Floh Rida und Floh Renz
die sangen laut ein Lied
doch leider –
keiner kennt‘s!

 

 

Gut zu Fuß

Es war mal eine Königin
die hieß ganz einfach Hans
sie bat den König Kunigunde
keck um einen Tanz.

Der König, der errötete
und wollte sich verschanzen
sprach: Himmel, liebe Königin!
Ich kann doch gar nicht tanzen!

Ich nehm dich auf die Füße
sprach Hans zu Kunigunde
und lachend tanzte dieses Paar
bis in die Morgenstunde.

 

 

Kerzbolde

Da gab es einst zwei Kerzen
die liebten es zu scherzen
und immer, wenn sie gackerten
sah man, dass sie flackerten

 

 

(Fast) Elf Elefantentanten

Eine Elefantentante stapfte ganz schön weit
und traf dann Tante Rüsseltier – da waren sie zu zweit.

Zwei Elefantentanten gingen Schritt für Schritt
am Fluss stand Tante Elfenbein – da waren sie zu dritt.

Drei Elefantentanten schwammen amüsiert
es tauchte Tante Stoßzahn auf – da waren sie zu viert.

Vier Elefantentanten wälzten sich im Sümpf
da stießen sie auf Tante Grau – da waren sie zu fümpf.

Fümpf Elefantentanten liefen durchs Gewächs
und rannten in die Tante Trö – da waren sie schon sechs.

Sechs Elefantentanten spürten viele Fliegen
Zum Glück half Tante Fächerohr – da waren sie schon sieben.

Sieben Elefantentanten hätten gern gelacht
Die Witze wusste Tante Stampf – da waren sie schon acht.

Acht Elefantentanten konnten sich nur freun
als Tante Dickhaut kam des Wegs – da waren sie schon neun.

Neun Elefantentanten wollten tanzen gehn
Drum kam noch Tante Backenzahn – da waren sie schon zehn.

Zehn Elefantentanten trafen mich im Norden
und ich, ich bin ihr Nichtenkind – so sind wir elf geworden.

 

 

Beobachtung am Sonntag

Auf einer Beinebaumelbank
sitzen heute – Gott sei Dank
vier wunderschöne Spatzen
und alle haben Glatzen

 

 

Behutsam

Leise wie auf Katzentatzen
schlich ich in den Tag
schließlich wusste ich noch nicht
ob ich ihn wirklich mag

Doch der Tag, der wollte
ein guter für mich sein
dafür danke ich ihm still
und schlafe schnurrend ein

 

 

Frau Firlefanz

Frau Firlefanz, Frau Firlefanz
hat lustige Ideen
sie trägt die Schuhe auf dem Kopf
und Hüte auf den Zehen
Natürlich schläft sie unterm Bett
liebt Salz mit Schokolade
zum Frühstück schmatzt sie Butterbrot
mit Gurkenmarmelade.
Hat sie es eilig, reitet sie
auf Schildkröten und Schnecken
und oft spielt sie an Regentagen
mit sich selbst verstecken
Auf Blumenwiesen hört sie zu
wie Schmetterlinge lachen
und ihr geliebtes Haustier ist
ein rot getupfter Drachen
Auf Gehsteigen, da sieht man sie
fast immer rückwärtsgehen
Frau Firlefanz, Frau Firlefanz
hat lustige Ideen.

 

© Lena Raubaum

 

Lena Raubaum schreibt als Autorin Gereimtes und Ungereimtes für Kinder, Erwachsene und alle dazwischen. Ihr Gedichtband Mit Worten will ich dich umarmen wurde 2022 mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis sowie mit „LESERSTIMMEN – der Preis der Jungen Leser:innen“ ausgezeichnet. Zudem sind ihre Gedichte in Magazinen, Anthologien, vertont und Schulbüchern erschienen.
Lena Raubaum lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Wien, ist ausgebildete Schauspielerin, Sprecherin, Yogalehrerin und Trainerin. Warum sie Gedichte schreibt? „Aus drei Gründen“, so Lena Raubaum. „Der erste Grund: Weil die Lyrik Sprache auf ein Maximum reduziert und es als Gattung nicht lange in Schubladen aushält. Der zweite Grund: Weil ich mich im lyrischen Ausdruck mit meiner Liebe zu Wortspielereien, Musik und sinnvollem Nonsens verbinden kann. Den dritten Grund weiß ich noch nicht und ich hoffe, ich finde ihn niemals heraus.“

 

Uwe-Michael Gutzschhahn

 

Uwe-Michael Gutzschhahn. Foto: Volker Derlath
Uwe-Michael Gutzschhahn. Foto: Volker Derlath

Uwe-Michael Gutzschhahn, Jg. 1952, lebt in München und hat an der Universität Bochum über den Lyriker Christoph Meckel promoviert. Seit 1978 hat er zahlreiche eigene Gedichtbände veröffentlicht, u. a. »Fahrradklingel« (1979), »Das Leichtsein verlieren« (1982), »Der Alltag des Fortschritts« (1996) und »Die Muße der Mäuse« (2018). Zwischen 1988 und 1991 gab er die 12-bändige Kinder-Taschenbuchreihe »RTB Gedichte« mit Texten u. a. von Ernst Jandl, Oskar Pastior, Friederike Mayröcker und Sarah Kirsch heraus. 2003 folgte die Anthologie »Ich liebe dich wie Apfelmus«, die er mit Amelie Fried zusammenstellte und die gerade in einer Neuausgabe wiederaufgelegt wurde. Sein erster eigener Kindergedichtband folgte 2012 unter dem Titel »Unsinn lässt grüßen«. Und im Herbst 2015 erschien seine große Nonsenslyrik-Anthologie »Ununterbrochen schwimmt im Meer der Hinundhering hin und her«, im Frühjahr 2018 die Anthologie »Sieben Ziegen fliegen durch die Nacht« bei dtv Junior, die aus der Reihe »Gedichte für Kinder« hervorgegangen ist.

Alle bereits erschienenen Folgen von »Gedichte für Kinder« finden Sie hier.

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