Das Lyrikprojekt zur Lutherdekade im Themenjahr 2015
in Kooperation mit Anton G. Leitner | DAS GEDICHT
Andreas Altmann
mutterseelenallein
ein grüner wind geht über die havel.
ihre arme sind dünn und entfernen sich
von den bäumen. menschen auf der fähre
werfen münzen in den fluß und wechseln
die ufer. pappeln rauschen sich wund,
legen ihre haut in die wiesen. fische
springen aus dem wasser, sind nur in diesen
geräuschen zu sehen. weiß flattert die luft
unter hastigen flügen der schmetterlinge.
die hohen gräser und wildblumen zittern.
weiden halten ihre müden knochen
in die strömung. mit leeren händen greife ich
in sie. licht hat die hüllen fallen gelassen,
glänzt auf den wellen. mutterseelenallein
steh ich im schatten und warte auf mich.
© Andreas Altmann, geboren 1963 in Hainichen / Sachsen, lebt in Berlin.