von Friedrich Ani
Es begann mit der »Initiative ungeborener Autoren«. Jedenfalls scheint mir die Zeitspanne, seit ich Anton Leitner – damals noch ohne G-Punkt – kenne, ins Paläozoikum meines Schreiberlebems zurückzureichen. Nach den Ungeborenen kam die Initiative krabbelnder Autoren. Die stießen schon erste Laute aus, und die beflissenen unter ihnen kritzelten erste kryptische Verse auf Zeitungen und Tischtücher. Bald folgte die Initiative gradesitzender Autoren, die von der Tafel Buchstaben abschrieben, dann Wörter und wenige Jahre später ganze Sätze aus Büchern anderer Autoren. Das war die Geburtsstunde der Initiative pubertierender Autoren, insofern ein Einschnitt, als nun bei den Jungs die Mädchen ins Spiel kamen und bei den Mädchen Sylvia Plath oder, noch härter, Simone de Beauvoire. Dagegen war wenig auszurichten. Einige von uns versuchten es mit Charles Bukowski und Jean Genet, alles in allem ein verzweifeltes Ringen auf allen möglichen Ebenen.
Wir waren jung und gierig und wollten den Himmel erklimmen und hatten keine Leiter. Da kam ein Leitner gerade recht, und mit der Gründung der Initiative junger Autoren (IJA) bewies er ein enormes Gespür für die Dinge des Lebens. Wer Lyrik schreibt und auch noch öffentlich vorliest, ist auf jeden Fall ein cooler Hund, den zu kraulen nicht verkehrt sein kann. Natürlich beließen es einige der jungen Frauen nicht beim Kraulen, sondern begannen ebenfalls zu dichten und vorzulesen und zu kritisieren und wurden plötzlich wählerisch beim Kraulen. Anton war wahrscheinlich nicht der einzige, der plötzlich seinen G-Punkt entdeckte.
Wie auch immer: die lyrische Kuppelei entwickelte sich zu einem derart weitverzweigten Erfolg, dass der Weßlinger Exjurist ein neues Forum, diesmal in Druckform, ins Leben rief: DER ZETTEL. Lyrische Flugblätter, die ihm praktisch aus der Hand gerissen wurden. Vom Zettel zur Zeitschrift war es dann ein Katzensprung, der aus heutiger Sicht ein Quantensprung war. DAS GEDICHT entwickelte sich zur beständigsten und Aufsehen erregendsten Literaturzeitschrift im deutschsprachigen Raum, vor allem dank der Initiative des jung gebliebenen Autors L., dessen Hingabe an die Vermittlung von Poesie gelegentlich fast märtyrerhaft anmutet und der noch immer wie ein Springinsfeld durch den Dschungel des Buchmarktes hüpft und das Hohelied der Lyrik singt, über das so viele lachen. Aber das haben sie seit jeher getan, und es hat Anton G. Leitner nicht gekümmert. Also, stimmen wir alle ein, laut und vernehmlich, und beweisen wir ihm, dass wir noch lange nicht so weit sind, die Initiative sabbernder Autoren gründen zu müssen …